Prof. Dr. Bernhard Schwarz †
Rz. 18
Der öffentlich-rechtliche Vertrag (§ 224a Abs. 1 S. 1) über die Hingabe der Gegenstände an Zahlungs statt ist ein Vertrag, der gegenseitige Rechte und Pflichten hervorbringt, nicht ein Verwaltungsakt. Streitigkeiten über die Wirksamkeit des Vertrags sind daher nicht durch Anfechtungsklage, sondern im Finanzrechtsweg durch allgemeine Leistungsklage bzw. Feststellungsklage, und damit ohne Vorverfahren, geltend zu machen. Dies gilt ebenfalls, wenn der Stpfl. Zahlungsansprüche aus dem Vertrag geltend macht, z. B. auf Zahlung eines etwaigen Spitzenbetrags.
Geht der Streit dagegen nicht um die Wirksamkeit des Vertrags bzw. um Ansprüche aus dem Vertrag, sondern um die Frage, inwieweit die Steueransprüche durch die Hingabe an Zahlungs statt erloschen sind, ist das Verfahren wie bei jedem anderen Erlöschensgrund (z. B. Zahlung) gestaltet. Das bedeutet, dass ein Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 zu ergehen hat, der als Verwaltungsakt mit den gewöhnlichen Rechtsbehelfen (Einspruch gem. § 347 Abs. 1 Nr. 1) anzugreifen ist.
Rz. 19
Wird nach Abschluss des Vertrags über die Hingabe an Erfüllungs statt die Steuerschuld herabgesetzt, bleibt der Vertrag bestehen. Es ist die durch die Hingabe an Zahlungs statt zu viel gezahlte Steuer zu erstatten. Der Vertrag enthält dann die bindende Regelung, in welcher Höhe ErbSt bzw. VSt durch Hingabe an Zahlungs statt geleistet worden ist; dies kann im Erstattungsverfahren daher nicht mehr angegriffen werden. Erforderlichenfalls ist über die Höhe des Erstattungsanspruchs wiederum durch Abrechnungsbescheid, § 218 Abs. 2, zu entscheiden.
Rz. 20
Stellt sich nach Abschluss des Vertrags heraus, dass die durch Zahlung an Erfüllungs statt zu entrichtende Steuerschuld überhaupt nicht bestanden hat (Aufhebung der Steuerfestsetzung), so sind die übertragenen Gegenstände auf den Stpfl. zurückzuübertragen; es ist nicht etwa nur der angerechnete Betrag zu vergüten (Palandt/Heinrichs, BGB, § 364 Rz. 4). Eine im Entwurf des Gesetzes vorgesehen gewesene Bestimmung, dass in diesen Fällen nur ein Geldersatz zu leisten sei, ist nicht Gesetz geworden; es verbleibt daher bei der Regelung des § 364 BGB.
Ob und in welcher Höhe die Steuer besteht, wird im jeweiligen Steuerbescheid verbindlich festgesetzt. Diese Frage kann daher nur im Rechtsbehelfsverfahren über den Steuerbescheid geprüft werden, nicht im Weg der Leistungsklage auf Grund des öffentlich-rechtlichen Vertrags. Durch Leistungsklage (vgl. Rz. 18) kann lediglich der Rückübertragungsanspruch an den Gegenständen geltend gemacht werden, wenn durch Aufhebung des Steuerbescheids feststeht, dass die Steuerschuld nicht besteht.
Rz. 21
Bleibt die durch Hingabe an Zahlungs statt erfüllte Steuerschuld zwar dem Grunde nach bestehen, wird sie aber wesentlich herabgesetzt, bleibt der Vertrag wirksam. Der Stpfl. kann lediglich den Vertrag nach § 119 Abs. 1 BGB anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er bei Kenntnis des wahren Sachverhalts (der Höhe der Steuerschuld) die öffentlich-rechtliche Willenserklärung zum Abschluss des Vertrags nach § 224a nicht abgegeben hätte (Inhaltsirrtum). Die Höhe der zu tilgenden Steuerschuld ist nicht nur Motiv der Abgabe der Willenserklärung, sondern bildet eine wesentliche Grundlage des Vertragsabschlusses zwischen Stpfl. und Behörde. Es muss sich aber immer um eine wesentliche Abweichung handeln, die den ganzen Vertrag über die Hingabe an Zahlungs statt als sinnwidrig erscheinen lässt; es genügt nicht jede Minderung der Steuerschuld.