2.4.1 Entrichtete Steuer – nicht gewährte Vergütung
Rz. 26
Zu verzinsen ist der vom Stpfl. zu viel entrichtete Steuerbetrag bzw. die ihm nicht oder zu gering gewährte Steuervergütung, die sich durch die Herabsetzung der festgesetzten Steuer, die Gewährung der (höheren) Steuervergütung unmittelbar oder mittelbar ergeben haben. Soweit und solange die Steuern noch nicht entrichtet waren, kommt eine Verzinsung nicht in Betracht. Das gilt auch für bereits ausgezahlte Steuervergütungen. Keine Entrichtung von Steuern liegt vor, wenn der Stpfl. in Höhe der Steuerschuld lediglich eine Sicherheitsleistung erbracht hat.
2.4.2 Zinslauf
Rz. 27
Zinsen sind vom Tag der Rechtshängigkeit bis zum Tag der Auszahlung des Erstattungs- oder Vergütungsbetrages zu zahlen. Der Tag des Rechtshängig Werdens und der Auszahlung sind für die Zinsdauer mitzuzählen.
Wird die Klage innerhalb der Rechtsbehelfsfrist bei der beklagten Behörde angebracht, so ist sie zwar gem. § 47 Abs. 2 u. 3 FGO fristgemäß eingelegt, aber noch nicht rechtshängig. Dieses ist erst nach Weiterleitung der Klage durch die Behörde am Tage des Empfanges beim FG anzunehmen.
Auch bei Sprungklagen ist der Tag der Rechtshängigkeit maßgebend. Das ist beim Eingang im Gericht gegeben. Die stets später liegende Zustimmung der Finanzbehörde wirkt auf diesen Zeitpunkt zurück. Wird die Sprungklage allerdings nach § 45 Abs. 1 S. 1 oder 2 FGO als Einspruch behandelt, weil z. B. das FA der Sprungklage nicht innerhalb der Frist zugestimmt hat oder ein Fall des § 45 Abs. 2 FGO gegeben ist, so beginnt der Zinslauf nicht. Bei Abgaben eines unzuständigen Gerichts an das zuständige Gericht nach § 17a GVG bleibt nach § 17b Abs. 1 S. 2 GVG die ursprüngliche Rechtshängigkeit erhalten. Damit ergibt sich der Beginn des Zinslaufs mit dem Tag der ersten Rechtshängigkeit. Die Rechtshängigkeit der Streitsache wird nicht berührt, wenn ein Verwaltungsakt nach § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens wird.
Der Zinslauf endet bei rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung mit dem Tag der Auszahlung. Bei einer Aufrechnung endet der Zinslauf mit dem Tag des Erlöschens der Erstattungs- oder Vergütungsforderung, also ggf. mit Rückwirkung.
Rz. 28
Wird die Steuer vor Herabsetzung aufgrund einer Aufhebung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 S. 4 FGO oder nach § 361 Abs. 2 S. 4 AO zurückgezahlt, so kommt eine Verzinsung nach dem Wortlaut nicht in Betracht, da nur "der zu erstattende Betrag" zu verzinsen ist. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift muss der Wortlaut erweiternd ausgelegt werden, sodass auch in diesem Fall eine Verzinsung Platz greift. Ohne entsprechende Anwendung der Zinsregelung könnten die Finanzbehörden sonst kurz vor Erlass des abhelfenden Verwaltungsakts oder des FG-Urteils die Aufhebung der Vollziehung aussprechen und damit stets die Zinslast vermeiden. Der Zinslauf in diesen Fällen der Aufhebung der Vollziehung muss sich allerdings auf die Zeit bis zur Durchführung der Aufhebung der Vollziehung, also auf die Zeit bis zur Auszahlung beschränken.
2.4.3 Zinshöhe
Rz. 29
Zinshöhe und -berechnung ergeben sich aus § 238 AO. Sie betragen für den vollen Monat ab Beginn des Zinslaufs 0,5 v. H. Der zu verzinsende Betrag wird pro Steuerart auf 50 EUR abgerundet. Zinsen unter 10 EUR werden gem. § 239 Abs. 2 S. 2 AO nicht festgesetzt. Auf die Erl. zu § 238 AO wird verwiesen. Zu Zweifeln ab der Verfassungsmäßigkeit des gesetzlichen Zinssatzes vgl. § AO Rz. 9.
2.4.4 Zinsgläubiger
Rz. 30
Gläubiger des Zinsanspruchs kann nur ein unmittelbar vom Rechtsbehelfsverfahren Betroffene sein. Das ist nicht nur eine Person, die Beteiligter am Rechtsstreit war. In den Fällen der Folgewirkung nach § 236 Abs. 2 Nr. 2 AO, also der Herabsetzung aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über einen Grundlagenbescheid oder eines den Rechtsstreit erledigenden Verwaltungsakts als Grundlagenbescheid, kommt auch jeder vom Grundlagenbescheid Betroffene in den Genuss der Zinsen, sofern er die Steuern gezahlt hat. Stpfl., deren Rechtsbehelfsverfahren bis zur Entscheidung über den Musterprozess eines anderen geruht haben, haben keine Zinsanspruch aus § 236 AO (vgl. Rz. 21f.).
Ist die falsche Person als Steuerschuldner in Anspruch genommen wor...