Rz. 11
Als zweite Komponente des Begriffs der Unbilligkeit ist die Vermeidungsmöglichkeit des unangemessenen Nachteils durch ein kurzfristiges Zuwarten oder ein anderes Vollstreckungsmittel zu sehen.
Rz. 12
Das Erfordernis, dass ein lediglich kurzfristiges Abwarten hinsichtlich der Vollstreckung zu einer Unbilligkeit führen kann, ergibt sich daraus, dass es sich bei den Maßnahmen nach § 258 AO stets nur um solche handeln darf, die keine endgültige Einstellung der Vollstreckung zur Folge haben. Unumstritten ist dabei, dass eine Frist von sechs Monaten noch nicht als dauerhaft anzusehen ist. In Ausnahmefällen kann auch ein Abwarten von 12 Monaten oder sogar darüber hinaus als angemessen angesehen werden. Diese Fristen werden aus § 813a ZPO und §§ 30a, 30d ZVG abgeleitet, sind indes aber nicht als feste Grenze anzusehen. Stets muss jedoch im Einzelfall erkennbar sein, dass die Unbilligkeit auf eine absehbare Zeit besteht. Hingegen hat der BFH entschieden, dass eine Frist von sieben Jahren in jedem Fall als zu lang anzusehen ist, um noch eine Maßnahme nach § 258 AO zu rechtfertigen, da dies dem vorläufigen Charakter des Vollstreckungsaufschubs entgegenstehe. Auch eine Ratenzahlung über fünf Jahre hat der BFH als zu langwierig angesehen.
Rz. 13
Neben dem zeitlich befristeten Abwarten kommt eine Unbilligkeit in Betracht, wenn eine andere Vollstreckungsmaßnahme weniger belastend ist, diese aber gleichwohl für die Verwaltung eine gleichwertige Wirkung erzielt. Es handelt sich um eine besondere Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Eine generelle Aussage darüber, wann diese Alternative in Betracht kommt, lässt sich nicht machen, sondern es ist die Situation des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen.