Rz. 11
Ein Dritter kann der Vollstreckung widersprechen, wenn ihm am Gegenstand der Vollstreckung "ein die Veräußerung hinderndes Recht" zusteht. Die Gesetzesformulierung, die derjenigen des § 771 Abs. 1 S. 1 ZPO entspricht, ist verunglückt. Ein die Veräußerung hinderndes Recht im Wortsinn gibt es nicht; denn kein Recht kann rechtswirksam eine Veräußerung hindern. Gemeint ist vielmehr ein Recht, das der Zwangsvollstreckung in den Gegenstand entgegensteht, also den Gläubiger hindert, ihn im Weg der Zwangsvollstreckung – zur Befriedigung oder Sicherung – zu verwerten. Gemäß § 262 Abs. 1 S. 3 AO bestimmt sich nach bürgerlichem Recht, welche Rechte die Veräußerung hindern. Für die besitzlosen Pfand- und Vorzugsrechte gilt dabei ausschließlich § 293 AO (s. Rz. 4). Steuerliche Zurechnungsbesonderheiten wie z. B. nach § 39 AO erlauben keine Abweichungen.
Rz. 12
Dem Dritten muss das Recht, das der Zwangsvollstreckung entgegensteht, zustehen. Dabei trägt der Dritte nach den allgemeinen Beweislastregeln die Beweislast für seine Inhaberschaft am Recht bzw. seine Eigentümerstellung an dem jeweiligen Gegenstand, falls diese nachgewiesen werden muss.
Rz. 13
Inhalt des Widerspruchs ist es, die Vollstreckung in den bezeichneten Gegenstand für unzulässig zu erklären, weil der Gegenstand nicht zum Vermögen des Vollstreckungsschuldners gehört (s. Rz. 36ff., 40).
4.2.1 Inhaberschaft von Forderungen
Rz. 14
Die Inhaberschaft von Forderungen oder anderen Vermögensrechten (s. Rz. 3) beinhaltet das Recht zum Widerspruch, wenn in sie im Weg der Beitreibung gegen einen Dritten vollstreckt wird. So kann z. B. bei der Sicherungsabtretung der Sicherungsnehmer widersprechen. Bei der Inkassozession ist der Treugeber widerspruchsberechtigt.
4.2.2 Eigentum
Rz. 15
Das Alleineigentum und das Miteigentum an dem Gegenstand stehen der Zwangsvollstreckung als das stärkste dingliche Recht an einer Sache entgegen. Dabei geschieht die Vollstreckung in Miteigentumsanteile gem. § 321 AO. Abweichungen hiervon gibt es für die Vollstreckung in Hausratsgegenstände beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft und beim Wohnungseigentum. Zur Vor- und Nacherbfolge vgl. Rz. 31ff.
Rz. 16
Das auflösend bedingte Eigentum des Vorbehaltsverkäufers steht der Vollstreckung ebenfalls entgegen. Wenn der Gläubiger nicht den Vorbehaltsverkäufer befriedigt, kann er zur Vermeidung der Widerspruchsklage nur das Anwartschaftsrecht auf Eigentumsübertragung pfänden. Da sich jedoch dieses Pfandrecht am Anwartschaftsrecht nicht auf das Eigentum überträgt, kann er neben dem Anwartschaftsrecht zugleich auch das Eigentum pfänden. Das muss spätestens unmittelbar vor der Erstarkung des Anwartschaftsrechts zum Eigentum geschehen.
Rz. 17
Außer dem Verkäufer kann auch der Vorbehaltskäufer aufgrund seines Anwartschaftsrechts der Vollstreckung gegen den Verkäufer widersprechen. Rein schuldrechtliche Ansprüche auf Eigentumsübertragung berechtigen demgegenüber nicht zum Widerspruch.
4.2.3 Treuhand
Rz. 18
Hinsichtlich der Rechtslage bei Treuhandverhältnissen ist zu unterscheiden zwischen der eigennützigen und der uneigennützigen Treuhand: In den Fällen der eigennützigen Treuhand, vor allem denjenigen im Rahmen einer Sicherungsübereignung, ist es umstritten, ob der Treunehmer bzw. Sicherungsnehmer bei einer Zwangsvollstreckung in den sicherungsübereigneten Gegenstand die Widerspruchsklage nach § 262 AO mit Erfolgsaussicht erheben kann. Die h. M. bejaht diese Frage, während die abweichende Auffassung davon ausgeht, dass die Sicherungsübereignung nur eine gesetzlich nicht geregelte Art des besitzlosen Pfandrechts ist und deshalb lediglich ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung gewährt. Dieses wäre nach § 293 AO geltend zu machen.
Rz. 19
Der Streit hat allerdings insofern nur geringe praktische Bedeutung, als die Vertreter der letzteren Ansicht den mittelbaren Besitz als ein hinderndes Recht anerkennen. Der Widerspruch des Dritten kann deshalb auf den mittelbaren Besitz gestützt werden, da die Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses Voraussetzung der Sicherungsübereignung ist.
Rz. 20
Ob der Treugeber/Sicherungsgeber gegen die Vollstrecku...