Rz. 1

Die Vorschrift sucht zu verhindern, dass der Vollstreckungsschuldner durch die Bestellung eines Nießbrauchs an seinem ganzen Vermögen, an wesentlichen Teilen desselben oder an einer Erbschaft dieses dem Zugriff des Fiskus entziehen kann.

 

Rz. 2

§ 264 AO zeichnet mit der entsprechenden Anwendung des § 737 ZPO die Haftungsanordnung des § 1086 BGB nach und lässt für die Vollstreckung nach der AO in das nießbrauchbelastete Vermögen neben dem Steuerbescheid mit Leistungsgebot gegen den Besteller einen Duldungstitel i. S. v. § 191 Abs. 1 AO gegen den Nießbrauchsberechtigten genügen. Das Gleiche gilt für die Vollstreckung in Gegenstände einer Erbschaft, wenn für das Nachlassvermögen ein Nießbrauch bestellt ist.[1] Die Vorschrift erfasst ausschließlich die Vollstreckung in Gegenstände eines Vermögensnießbrauchs i. S. d. § 1085 BGB bzw. eines Nießbrauchs an einem Nachlass, nicht dagegen in einzelne nießbrauchsbelastete Gegenstände oder Rechte,[2] die nicht das gesamte Vermögen des Schuldners ausmachen.[3] Ein Vermögensnießbrauch setzt aber nicht notwendig voraus, dass sämtliche Vermögensgegenstände mit einem Nießbrauch belastet sind, sondern dass die belasteten Gegenstände und Rechte im Wesentlichen das Vermögen des Bestellers ausmachen. Die Ausnahme von etwa 10 bis 15 % des Vermögens soll daher der Anwendung des § 264 i. V. m. § 737 ZPO nicht entgegenstehen.[4]

[2] Einzelnießbrauch; §§ 1030ff., 1068ff. BGB.
[3] Klein/Werth, AO, 16. Aufl. 2022, § 264 Rz. 1; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 264 Rz. 3.
[4] BFH v. 8.6.2000, VII B 294/99, BFH/NV 2001, 168; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 264 AO Rz. 4.

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