Dr. Zacharias-Alexis Schneider
2.1 Fortsetzung einer vorher begonnenen Vollstreckung nach dem Erbfall
Rz. 5
§ 779 ZPO (Fortsetzung der Zwangsvollstreckung nach dem Tod des Schuldners)
(1) Eine Zwangsvollstreckung, die zur Zeit des Todes des Schuldners gegen ihn bereits begonnen hatte, wird in seinen Nachlass fortgesetzt.
(2) Ist bei einer Vollstreckungshandlung die Zuziehung des Schuldners nötig, so hat, wenn die Erbschaft noch nicht angenommen oder wenn der Erbe unbekannt oder es ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat, das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers dem Erben einen einstweiligen besonderen Vertreter zu bestellen. Die Bestellung hat zu unterbleiben, wenn ein Nachlasspfleger bestellt ist oder wenn die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zusteht.
Hat die Vollstreckung gegen den Erblasser schon zu dessen Lebzeiten in dessen Vermögen (jetzt: Nachlass) begonnen, kann die Vollstreckung in diese Vermögensmasse gem. § 779 ZPO uneingeschränkt fortgesetzt werden. Hierbei ist es grundsätzlich unerheblich, ob der Erbe die Erbschaft angenommen hat. Die Regelung des § 779 ZPO beschränkt sich nicht auf beim Erbfall bereits begonnene Vollstreckungsmaßnahmen, sondern erlaubt auch die Einleitung neuer und weiterer Vollstreckungsmaßnahmen. Soweit die Zwangsvollstreckung – als Ganzes – bereits begonnen hat, ist daher auch die Vollstreckung in andere Nachlassgegenstände, in die bislang nicht vollstreckt wurde, statthaft. Begonnen hat die Zwangsvollstreckung, wenn einzelne Maßnahmen nach außen erkennbar eingeleitet worden sind.
Rz. 6
Im Fall des § 779 Abs. 2 ZPO kann, wenn – bei einer Vollstreckungshandlung die Zuziehung des Schuldners nötig ist und – die Erbschaft noch nicht angenommen oder der Erbe ungewiss ist, die Vollstreckung erst fortgesetzt werden, wenn ein einstweiliger besonderer Vertreter bestellt ist. Vollstreckungshandlungen, die die Zuziehung des Schuldners notwendig machen, sind z. B. Pfändungsmaßnahmen i. S. d. §§ 286 Abs. 3, 288, 307 Abs. 1 S. 2, 309 Abs. 1 S2AO. Der einstweilige besondere Vertreter ist vom Amtsgericht, in dessen Bezirk vollstreckt werden soll, als Vollstreckungsgericht zu bestellen. Da bei Bestellung eines Nachlasspflegers nach § 1961 BGB oder eines Testamentsvollstreckers die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 265 AO i. V. m. § 779 Abs. 2 S. 2 ZPO ausscheidet, wird die Vollstreckungsbehörde ggf. vorrangig einen Antrag beim Nachlassgericht auf Bestellung eines Nachlasspflegers stellen.
2.2 Beginn der Vollstreckung nach dem Erbfall
Rz. 7
Soll wegen einer Verbindlichkeit des Erblassers die Vollstreckung erst nach dessen Tod beginnen oder wegen einer anderen Verbindlichkeit des Erben in den Nachlass vollstreckt werden, kommt es darauf an, ob der Erbe die Erbschaft angenommen hat.
2.2.1 Vollstreckung vor Annahme der Erbschaft
Rz. 8
§ 1958 BGB (Gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Erben)
Vor der Annahme der Erbschaft kann ein Anspruch, der sich gegen den Nachlass richtet, nicht gegen den Erben gerichtlich geltend gemacht werden.
§ 778 ZPO (Zwangsvollstreckung vor Erbschaftsannahme)
(1) Solange der Erbe die Erbschaft nicht angenommen hat, ist eine Zwangsvollstreckung wegen eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, nur in den Nachlass zulässig.
(2) Wegen eigener Verbindlichkeiten des Erben ist eine Zwangsvollstreckung in den Nachlass vor der Annahme der Erbschaft nicht zulässig.
Der Erbe soll durch § 1958 BGB i. V. m. § 778 ZPO während der Ausschlagungsfrist nicht zur Entscheidung über die Annahme gedrängt werden.
Rz. 9
Obwohl nach § 1922 BGB das Vermögen des Erblassers bereits mit dem Erbfall auf den Erben übergeht, knüpft § 265 AO i. V. m. § 778 ZPO für die Zwangsvollstreckung an die Annahme der Erbschaft an, weil der Erbe nach § 1958 BGB vorher nicht belangt werden darf. Bis zu diesem Zeitpunkt ordnet § 778 ZPO eine strikte Trennung des persönlichen Vermögens des Erben (Eigenvermögen) und des Nachlasses an, da der Übergang des Nachlasses auf den Erben und damit der Haftungsgrund und der Haftungsumfang noch nicht sicher sind. Nach § 778 ZPO ist die Zwangsvollstreckung jeweils in die Vermögensmasse zulässig, zu der die Verbindlichkeit gehört. Gem. § 778 Abs. 1 ZPO darf daher wegen einer Nachlass...