Dr. Zacharias-Alexis Schneider
2.1 Nicht rechtsfähige Personenvereinigungen
Rz. 3
Der Begriff "nicht rechtsfähige Personenvereinigungen" umfasst die Gebilde, die zwar keine juristischen Personen sind, aber am Rechtsverkehr teilnehmen und steuerliche Rechte erwerben bzw. Verpflichtungen eingehen können. In Betracht kommen hierbei namentlich der nicht rechtsfähige Verein, die OHG und die KG, die Partnerschaftsgesellschaft und die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV).
Durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts ist mit Wirkung zum 1.1.2024 die Rechtsfähigkeit der GbR eingeführt worden. Allerdings ist diese nicht zwingend. Nach § 705 Abs. 2 BGB n. F. können die Gesellschafter die GbR auch zur Ausgestaltung ihrer internen Rechtsverhältnisse errichten (z. B. Fahrgemeinschaften, Urlaubsgemeinschaften, Tippgemeinschaften, Stimmbindungsverträge, Poolverträge oder Unterbeteiligungen). Die Praxisrelevanz wird jedoch voraussichtlich sehr niedrig sein und wurde daher auch nicht umfassend kodifiziert.
Nach § 705 Abs. 2 BGB n. F. kann eine GbR als solche „selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll (rechtsfähige Gesellschaft), oder sie kann den Gesellschaftern zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander dienen (nicht rechtsfähige Gesellschaft)".
Keine Anwendung findet die Vorschrift dagegen auf die Erbengemeinschaft. Die Erbengemeinschaft ist weder rechts- noch parteifähig.
Gemäß § 105 HGB n. F. sind die OHG und die KG rechtsfähig. Bei der OHG und der KG ist – auch ohne § 267 AO – gem. § 124 Abs. 2 HGB zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ein vollstreckbarer Titel gegen die Gesellschaft erforderlich. Die AO sieht allerdings keine entsprechende Anwendung des § 124 Abs. 2 HGB vor, sondern regelt den zutreffenden Adressaten der Vollstreckung auch für die OHG und die KG in § 267 AO.
Rz. 4
Nach § 267 S. 2 AO werden die Zweckvermögen und sonstige einer juristischen Person ähnliche steuerpflichtige Gebilde den nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen gleichgestellt. Als solche Zweckvermögen kommen die nicht rechtsfähige Stiftung, Verein und Anstalt in Betracht. Zu den sonstigen einer juristischen Person ähnlichen steuerpflichtigen Gebilden gehören Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG. Maßgebend ist die Möglichkeit der Steuerpflicht.
2.2 Steuerpflicht
Rz. 5
Die Vorschrift gilt für nicht rechtsfähige Gebilde, die als solche steuerpflichtig sind. Voraussetzung ist daher stets, dass der Vollstreckungsschuldner überhaupt als solches steuerpflichtig und somit Steuerschuldner sein kann. Insoweit ist zwischen der Steuerpflicht und der Rechtsfähigkeit zu unterscheiden. Unabhängig von der lange zweifelhaften Rechtsfähigkeit einer GbR konnte diese aufgrund der Vorgaben des materiellen Steuerrechts für Zwecke der Körperschafts- oder Gewerbesteuer, Grunderwerbsteuer oder der Umsatzsteuer steuerpflichtig und somit auch Steuerschuldner sein. Maßgeblich für die Steuerpflicht – und damit die Steuerrechtsfähigkeit – ist allein das materielle Steuerrecht nach den jeweiligen Einzelsteuergesetzen. In diesem Fall bedarf es für die Vollstreckung ausschließlich eines Steuerbescheids nebst Leistungsgebot gegen die Gesellschaft.