3.1.1 Gemeinsame Aufsichtsbehörde (Abs. 1 S. 1)
Rz. 4
Nach § 28 Abs. 1 S. 1 AO ist in erster Linie die gemeinsame fachlich zuständige Aufsichtsbehörde zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit berufen. Sind Aufsichtsbehörden auf verschiedenen Verwaltungsebenen vorhanden, ist die unterste gemeinsame Aufsichtsbehörde zuständig. Welche dies im konkreten Fall ist, richtet sich nach den Vorschriften des FVG bzw. der aufgrund des FVG ergangenen Rechtsverordnungen. Soweit in den Ländern Mittelbehörden bestehen und die beteiligten FÄ zum Bezirk derselben Mittelbehörde gehören, ist die jeweilige Mittelbehörde zur Entscheidung berufen. Ist aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 2a FVG auf Mittelbehörden verzichtet worden oder gehören die beteiligten FÄ zu Bezirken unterschiedlicher Mittelbehörden, ist die oberste Landesfinanzbehörde (Finanzministerium bzw. in den Stadtstaaten Finanzsenator) zuständig. Sind FÄ verschiedener Länder beteiligt und betrifft der Streit eine Steuer, die die Länder nach Art. 108 Abs. 3 S. 1 GG im Auftrag des Bundes verwalten, so ist nach Art. 85 Abs. 4 GG i. V. m. Art. 108 Abs. 3 S. 2 GG das BMF die einzige gemeinsame Aufsichtsbehörde. Betrifft der Zuständigkeitsstreit keine Bundesauftragsangelegenheit, richtet sich das Verfahren nach § 28 Abs. 1 S. 2 AO i. V. m. § 25 S. 2 AO. Bei einem Zuständigkeitsstreit zwischen mehreren HZÄ entscheidet die Generalzolldirektion.
3.1.2 Fehlen einer gemeinsamen Aufsichtsbehörde (Abs. 1 S. 2)
Rz. 5
Sind FÄ verschiedener Länder an dem Zuständigkeitsstreit beteiligt und betrifft dieser eine Steuer, die von den Ländern nicht im Auftrag des Bundes verwaltet wird, fehlt eine gemeinsame fachlich zuständige Aufsichtsbehörde. In diesen Fällen ist aufgrund der Verweisung des § 28 Abs. 1 S. 2 AO auf § 25 S. 2 AO die Entscheidung von den fachlich zuständigen Aufsichtsbehörden gemeinsam zu treffen. Auch für diesen Fall ist es zweckmäßig, dass die Entscheidung auf der niedrigsten möglichen Verwaltungsstufe – beim Vorhandensein von Mittelbehörden also auf deren Ebene – herbeigeführt wird. Die gemeinsame Entscheidung erfordert eine Einigung der beteiligten Aufsichtsbehörden, zu der diese verpflichtet sind. Kommt eine Einigung auf der unteren Verwaltungsstufe nicht zustande, sind ggf. die obersten Landesfinanzbehörden mit der Sache zu befassen. Der Fall, dass eine Einigung endgültig nicht zustande kommt, ist im Gesetz nicht geregelt, dürfte aber auch eher theoretischer Natur sein. Für die Feststellung der Zuständigkeit im Rahmen eines Klageverfahrens fehlt es an einem geeigneten Verfahren und an einer Zuständigkeit.
3.1.3 Bundeszentralamt für Steuern (Abs. 2)
Rz. 6
Betrifft ein Kompetenzkonflikt oder ein sonstiger Zuständigkeitszweifel Personen, die nicht im Geltungsbereich der AO ansässig sind, dort also weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, so hat nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 FVG das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die örtlich zuständige Finanzbehörde zu bestimmen. § 28 Abs. 2 AO stellt klar, dass diese Sondervorschrift unberührt bleibt, § 5 Abs. 1 Nr. 7 FVG der Regelung des § 28 Abs. 1 AO in diesen Fällen also vorgeht.