7.2.1 Zuständigkeit
Rz. 75
Nach § 284 Abs. 8 AO ersucht die Finanzbehörde das Amtsgericht um Anordnung der Erzwingungshaft. Zuständig für dieses "Haftersuchen" ist nach § 899 Abs. 1 ZPO das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat.
7.2.2 Form
Rz. 76
Für das Haftersuchen nach § 284 Abs. 8 S. 1 AO wird man die Schriftform als erforderlich anzusehen haben; die entsprechende Regelung des zivilprozessualen Vollstreckungsrechts in § 802g ZPO sieht dies zwar nicht ausdrücklich vor, man wird es aber wohl aus dem Normzweck zu schließen haben. Dem Haftersuchen sind die Unterlagen beizufügen, aus denen sich die Vollstreckbarkeit des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis ergibt. Das Haftersuchen ist zu begründen. Die Finanzbehörde hat darzulegen, dass die allgemeinen Voraussetzungen des § 284 AO und die besonderen Voraussetzungen für die Haftanordnung aus § 284 Abs. 8 AO erfüllt sind.
7.2.3 Rechtsnatur
Rz. 77
Das "Haftersuchen" der Finanzbehörde, d. h. das "Ersuchen" auf Anordnung der Erzwingungshaft gegen den Vollstreckungsschuldner, wird in der Literatur als behördeninterner Antrag auf Amtshilfe zu sehen. Die Rspr. und die überwiegende Meinung in der Literatur qualifizieren ihn jedoch als einen rechtlich selbstständigen Verwaltungsakt. Das Haftersuchen wird mit der Bekanntgabe an das Amtsgericht und den Vollstreckungsschuldner wirksam.
7.2.4 Rechtsschutz gegen das Haftersuchen
Rz. 78
Gegen das Haftersuchen der Finanzbehörde ist, wenn man diesem mit der h. M. die Rechtsqualität eines Verwaltungsakts beimisst (s. Rz. 77), der Einspruch nach § 347 Abs. 1 S. 1 AO gegeben. Vorläufiger Rechtsschutz kann insoweit durch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO erlangt werden. Im Rechtsschutzverfahren ist zu prüfen, ob der Vollstreckungsschuldner die EV rechtswidrig verweigert (s. Rz. 25) hat. Das Haftersuchen stellt allein keine die Aussetzung der Vollziehung begründende unbillige Härte dar.
Rz. 79
Für den weiteren Rechtsschutz gegen das Ersuchen auf Haftanordnung ist damit auch der Finanzrechtsweg gegeben. Der Streitwert bei Rechtsstreitigkeiten über die Vorlage des Vermögensverzeichnisses und die Abgabe der EV beträgt im Regelfall 50 % der rückständigen Steuerbeträge, darf jedoch den Höchstbetrag von 500.000 EUR nicht übersteigen.