2.1 Pfand- oder Vorzugsrecht eines Dritten
Rz. 3
Die vorzugsweise Befriedigung nach § 293 AO erfordert zunächst, dass ein Dritter ein Pfand- oder Vorzugsrecht an einer von der Vollstreckungsbehörde gepfändeten Sache hat. Dabei gilt § 293 AO nur für die Pfändung beweglicher Sachen. Als Rechte, die die Möglichkeit nach § 293 AO eröffnen, kommen insbesondere die besitzlosen Pfandrechte nach dem BGB und dem HGB in Betracht. Die wichtigsten sind das Vermieterpfandrecht nach §§ 562ff. BGB, das Verpächterpfandrecht nach §§ 581, 592 BGB sowie das Pfandrecht des Frachtführers und des Lagerhalters. Diese besitzlosen Pfandrechte sind in § 50 InsO aufgeführt. Als Vorzugsrechte kommen die in § 51 InsO genannten Rechte in Betracht. Zu nennen sind vor allem die Zurückbehaltungsrechte nach § 273 BGB und §§ 369ff. HGB. Schließlich gilt § 293 AO bei vertraglichen Pfandrechten, wenn der Pfandgläubiger den Besitz an der Sache verloren hat. Das Sicherungseigentum fällt nicht hierunter, da es ein die Veräußerung hinderndes Recht ist und zum Widerspruch nach § 262 AO berechtigt.
2.2 Nichtbesitz des Dritten
Rz. 4
Zweite Voraussetzung für § 293 AO ist, dass der Dritte keinen Besitz an der gepfändeten Sache hatte. Ausreichend ist dabei neben dem unmittelbaren auch der mittelbare Besitz. Hat der Dritte Besitz an der Sache, kommt hingegen eine Klage nach § 262 AO in Betracht. Dem Besitz in seinen rechtlichen Wirkungen gleichgestellt ist das Verfügungsrecht, das sich aufgrund eines kaufmännischen Traditionspapiers ergibt.
2.3 Durchführung der vorzugsweisen Befriedigung
Rz. 5
Die vorzugsweise Befriedigung berechtigt den Inhaber des Rechts dazu, eine Befriedigung aus dem Reinerlös auch dann zu verlangen, wenn seine Forderung noch nicht fällig ist. Hierzu hat er zunächst einen Antrag auf Berücksichtigung seines Rechts an die Vollstreckungsstelle zu stellen, die über seine Einwendungen unverzüglich zu entscheiden hat. Die Verwertung der Pfandsache an sich kann der Inhaber des Rechts nicht verhindern. Diese wird von der Vollstreckungsstelle nach den allgemeinen Grundsätzen betrieben. Steht der Erlös fest, sind die Kosten der Verwertung zunächst vom Erlös abzuziehen. Aus dem dann feststehenden Erlös, auch Rein- oder Nettoerlös genannt, ist der Inhaber des Rechts vor den anderen Gläubigern zu befriedigen. Ist die Forderung des Dritten bei vorzugsweiser Befriedigung noch nicht fällig, muss eine Abzinsung erfolgen. Der Zinssatz richtet sich nach § 288 BGB.
Rz. 6
Statt der Geltendmachung seines Rechts auf eine vorzugsweise Befriedigung kann der Dritte sich auch einen eigenen Vollstreckungstitel beschaffen und aus diesem die Vollstreckung betreiben. Möglich ist dann eine Anschlusspfändung. Zudem besteht die Möglichkeit einer Ablösung der Verbindlichkeit.