Rz. 15
Durch die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen liegt die Pflicht zur Erfüllung der Aufgaben im Besteuerungsverfahren konkret bei dem örtlich und sachlich zuständigen FA. Diese gesetzliche Verpflichtung beinhaltet dementsprechend auch die Pflicht zur Eigenerfüllung, soweit nicht ausnahmsweise eine gesonderte gesetzliche Ermächtigung Abweichungsmöglichkeiten regelt. Als eine solche Ausnahmeregelung gibt § 29a AO den Landesfinanzbehörden die notwendige gesetzliche Befugnis, kurzfristige Anordnungen zur erleichterten Aufgabenerfüllung zu erlassen. Dies verschafft der Landesfinanzverwaltung verbesserte und erweiterte Möglichkeiten, ihre Handlungsfähigkeit zu optimieren und auch bei atypischen und vorübergehenden Sonderbelastungen einzelner FÄ ohne erheblichen bürokratischen Aufwand uneingeschränkt aufrecht zu erhalten.
2.1 Anordnungsbefugte Behörde
Rz. 16
Die Ermessensentscheidung über eine Maßnahme nach § 29a AO trifft die weisungsbefugte Landesbehörde. Dies ist qua Gesetz zunächst die oberste Landesfinanzbehörde. Diese ist in § 6 Abs. 2 Nr. 1 AO i. V. m. den Regelungen des FVG definiert. Als oberste Landesbehörde bezeichnet § 2 Abs. 1 FVG die für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde. In der Regel ist dies das Landesfinanzministerium bzw. der Senator für Finanzen. Es kann aber auch ein zusammengesetztes Ressort sein oder – wie in Hamburg – der Senat, der die Anordnungsbefugnis für neue Funktionen aber durch Senatsanordnung auf den Finanzsenator übertragen darf.
Rz. 17
Oberfinanzdirektionen oder Landesfinanzbehörden, als von einigen Ländern anstelle der Oberfinanzdirektionen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 FVG errichtete Landesoberbehörden oder Landesmittelbehörden, die deren Leitungsaufgaben übernehmen, sind dagegen nur anordnungsbefugt für eine Unterstützungsmaßnahme nach § 29a AO, wenn sie mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe von der obersten Landesfinanzbehörde beauftragt wurden. Die Art dieser Beauftragung ist im Gesetz nicht bestimmt. Es bedarf also keines formalen Rechtssetzungsaktes.
Rz. 18
Soweit Länder vollständig auf Mittelbehörden verzichten, entfallen die Delegationsbefugnisse. Die Aufgaben der Mittelbehörde werden in diesen Ländern von der obersten Landesfinanzbehörde mit erfüllt.
2.2 Anordnungsinhalt
Rz. 19
Der Ermessensentscheidung der anordnungsbefugten Behörde sind ausweislich der Gesetzesbegründung objektive Entscheidungskriterien zugrunde zu legen. Diese sind – ebenso wie die Anordnung als solche – zu dokumentieren. Dabei sind namentlich Anlass und Grund, sowie der sachliche und zeitliche Umfang der Aufgabenzuweisung darzulegen. Aus der Dokumentation der Ermessensentscheidung zur Auswahl der zu übertragenden Aufgaben muss hervorgehen, dass nachweisbar objektive Kriterien maßgebend waren und Willkür und Schikane sicher ausgeschlossen werden können.
Rz. 20
Die Arbeitsverteilung auf die FÄ kann ausweislich der Gesetzesbegründung unter den Voraussetzungen des § 29a AO auch ausschließlich automationsgestützt nach objektiven Kriterien festgelegt werden. Die entsprechende Programmierung könnte dabei etwa an den Zeitpunkt des Erklärungseingangs, Anfangsbuchstaben oder das Vorliegen bestimmter Einkunftsarten anknüpfen, um eine Verteilung des Arbeitsanfalls in Abhängigkeit von der Arbeits- und Personallage objektiv nachprüfbar abzubilden. Hier bedarf es in besonderem Maße und mit erhöhter Sorgfalt einer klaren Dokumentation der der Programmierung zugrunde gelegten objektiv nachprüfbaren Maßstäbe und Kriterien.
Rz. 21
Qualitative oder quantitative Grenzen zur Auswahl oder zum Umfang der Unterstützungsmaßnahmen sieht § 29a AO nicht vor. Für die Unterstützungsanordnung kommen sämtliche Aufgaben des zu unterstützenden FA im Besteuerungsverfahren in Betracht. Die mögliche Auswahl an Unterstützungsmaßnahmen nach § 29a AO schließt als umfassendere Gestaltungsoption – ergänzend zu der insoweit alternativ bestehenden Möglichkeit der Auftragsprüfung nach § 195 S. 2 AO – auch die Außenprüfung ein. Ziele, Grundlagen und Außenwirkung beider Regelungen sind grundlegend unterschiedlich; zudem liegt die Regelung nach § 29a AO, anders als die Auftragsprüfung nach § 195 S. 2 AO, nicht in der Kompetenz der FÄ, sondern der vorgesetzten Behörden.
Der Wortlaut des § 29a S. 1 AO beschränkt die Unterstützungsanordnung auf (nur) ein FA. Diese Beschränkung bezieht sich auf das jeweilige Besteuerungsverfahren. Mehrere...