6.4.2.1 Mitteilung einer Finanzbehörde
Rz. 53
Finanzbehörden sind in zahlreichen Fällen verpflichtet und befugt (vgl. dazu Rz. 91 bis 95), aus nichtsteuerlichen Gründen anderen Behörden und Stellen über solche Daten Mitteilungen zu machen, die an sich dem Steuergeheimnis unterliegen. Zu den von § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO umfassten Informationen gehören z. B. die Mitteilungen nach §§ 31 bis 31b AO sowie nach § 21 Abs. 4 SGB X, aber auch zahlreiche andere nach den in Rz. 91 bis 95 aufgezählten Gesetzen erteilte Mitteilungen.
Als Ausgleich wird der Schutzbereich des Steuergeheimnisses in Form eines verlängerten Steuergeheimnisses auf die Empfänger dieser Mitteilungen ausgedehnt. Die Amtsträger oder gleichgestellten Personen bei den empfangenden Stellen, nicht dagegen andere Personen, werden insoweit über § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO dem Steuergeheimnis unterworfen, obwohl die Informationen ihnen nicht in einem Verfahren nach Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a oder b zugegangen sind.
6.4.2.2 Gesetzlich vorgeschriebene Vorlage von Bescheiden und Bescheinigungen
Rz. 54
Den Mitteilungen einer Finanzbehörde sind die Fälle gleichgestellt, in denen Stpfl. einer anderen Behörde oder Stelle aufgrund gesetzlicher Vorschriften einen Steuerbescheid oder eine Bescheinigung über die bei der Besteuerung getroffenen Feststellungen vorzulegen haben.
Hingegen gilt der Geheimnisschutz nicht, wenn der Stpfl. einen Steuerbescheid oder eine steuerliche Bescheinigung (z. B. Unbedenklichkeitsbescheinigung) ohne gesetzliche Verpflichtung, wenn auch auf Anforderung einer anderen Behörde, vorlegt.
6.4.2.3 Sonstiger dienstlicher Anlass
Rz. 54a
Der Gesetzgeber hat mit der gesetzlichen Neufassung des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO durch das Gesetz zur weiteren Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften die abschließende Regelung anderer Anlässe in eine Beispielsregelung gewandelt und auch weitere – ausdrücklich dienstliche – Anlässe unter die Regelung gefasst. Damit hat er insbesondere die Fälle legislativ erfasst, deren Subsumtion unter § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO nach der Vorgängerregelung nicht rechtssicher möglich war. Die Fälle klarer dienstlicher Veranlassung sind damit zukünftig so geregelt, dass nicht nur die Weitergabe der Daten zulässig ist, sondern die geschützten Daten auch bei dem Amtsträger, der die Information erhält, dem verfahrensrechtlichen Steuergeheimnis unterliegen. Damit geht also auch in diesen Fällen ein umfassender Schutz des verfahrensrechtlichen Steuergeheimnisses einher.
Rz. 54b
Nicht unter die Mitteilungen einer Finanzbehörde fallen etwa zulässige Datenweitergaben innerhalb der Finanzbehörden. Ist die Zurverfügungstellung dieser Daten von der Öffnung des Steuergeheimnisses gedeckt, handelt es sich aber bei der Weiterverwertung der Daten nicht um ein Verfahren i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a oder b AO, so waren die Datenempfänger bisher, obschon Amtsträger der Finanzbehörden, selbst mit diesen Erkenntnissen nicht dem Steuergeheimnis unterworfen (vgl. Rz. 44a). Hier ein weitergeleitetes Steuergeheimnis über § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO a. F. anzunehmen, hätte den Wortlaut der Norm überdehnt, was nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt der Normenklarheit und des Bestimmtheitsgrundsatzes m. E. nicht vertretbar gewesen wäre. Dies umso mehr mit Blick auf den Grundsatz nulla poena sine lege und die vor der Rechtsänderung wortgleiche Entsprechungsnorm in § 355 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StGB. Die Daten befinden sich in diesen Fällen weiterhin "in" einer Finanzbehörde und kommen nicht "von" einer Finanzbehörde. Zudem handelt es sich beim "Mitteilungsbegriff" um eine gezielte Datenweitergabe zum Zweck der Auswertung konkret dieser Daten.
Diese Problematik ist mit der Neufassung der Regelung des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO im Verfahrensrecht gelöst, da eine Subsumtion unter den sonstigen dienstlichen Anlass logisch und konsequent ist, auch wenn es sich um einen Sachverhalt handelt, der nicht von den Regelbeispielen umfasst ist. Anders verhält es sich allerdings im Strafrecht (vgl. Rz. 52b). Hier besteht nach wie vor eine – nun verfahrensrechtlich offen beschriebene – Regelungslücke in § 355 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StGB, die der Gesetzgeber schnellstmöglich durch Anpassung an die verfahrensrechtliche Regelung des § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO schließen sollte.