1 Allgemeines

 

Rz. 1

Vorgängerbestimmung des § 305 AO war § 358 RAO.[1] Die entsprechende Norm für das zivilprozessuale Vollstreckungsrecht ist § 825 ZPO, der allerdings weitere Voraussetzungen enthält.[2] Ergänzende Ausführungen zu § 305 AO finden sich in Abschn. 56 VollzA zum freihändigen Verkauf[3] und Abschn. 39 VollstrA.[4] Die Vorschrift lässt unter Abweichung von den allgemeinen Versteigerungsvorschriften der §§ 296ff. AO eine Versteigerung durch eine andere Person als den Vollziehungsbeamten und eine Verwertung durch freihändige Veräußerung durch den Vollziehungsbeamten oder eine andere Person zu. Auf diese Weise soll ein möglichst hoher Erlös bei der Verwertung erzielt werden.[5]

 

Rz. 2

Eine besondere Verwertung ist aus zwei Gründen möglich: Entweder der Vollstreckungsschuldner stellt selbst einen Antrag[6] auf diese Art der Verwertung oder es liegen besondere Umstände vor, die es aus der Sicht der Vollstreckungsbehörde zweckmäßig erscheinen lassen, von dem gesetzlichen Leitbild der Verwertung einer gepfändeten Sache abzuweichen. Solche besonderen Zweckmäßigkeitsgründe wird man insbesondere anzunehmen haben, wenn durch eine besondere Verwertung ein voraussichtlich höherer Erlös erzielt werden wird oder geringere Verwertungskosten zu erwarten sind.[7] Ferner wird eine besondere Verwertung zweckmäßig sein, wenn diese Art der Verwertung eine besonders schnelle Verwertung ermöglicht.[8] Besondere Umstände wird man aber auch dann anzunehmen haben, wenn bei einem zuvor durchgeführten Versteigerungstermin das Mindestgebot nicht erreicht worden ist.

 

Rz. 3

Die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde, eine besondere Verwertung anzuordnen, liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde.[9] Dies gilt auch bei einem Antrag des Vollstreckungsschuldners.[10] Nach § 91 Abs. 2 Nr. 5 AO ist eine Anhörung des Vollstreckungsschuldners vor der Anordnung der besonderen Verwertung nicht erforderlich. Eine Anhörung des Vollstreckungsschuldners wird aber im Regelfall von den Vollstreckungsbehörden als zweckmäßig angesehen, um Regressansprüchen vorzubeugen.[11] Diese Entscheidung der Vollstreckungsbehörde stellt einen Verwaltungsakt dar und ist deshalb mit einem Einspruch anfechtbar.[12]

[1] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 305 AO Rz. 1f.
[2] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 825 ZPO Rz. 1ff.
[3] BStBl I 1980, 194.
[4] BStBl I 1980, 112.
[5] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 305 AO Rz. 5.
[6] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 305 AO Rz. 9.
[7] Abschn. 39 S. 2 VollstrA; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 305 AO Rz. 12; auch Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 825 ZPO Rz. 12f.
[8] Einschränkend Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO; § 305 AO Rz. 9a.
[9] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 305 AO Rz. 16; Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 305 Rz. 2.
[11] So auch ausdrücklich Abschn. 39 S. 5 VollstrA.
[12] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 305 AO Rz. 11.

2 Arten der besonderen Verwertung

 

Rz. 4

In der Entscheidung über die Anordnung der besonderen Verwertung kann die Vollstreckungsbehörde Versteigerungs- oder Veräußerungsbedingungen festsetzen. Als Art der besonderen Verwertung kommt nach dem Wortlaut des § 305 AO in Betracht, dass die Verwertung abweichend von dem gesetzlichen Leitbild der §§ 296ff. AO oder die Verwertung an einem anderen Ort oder die Versteigerung durch eine andere Person als den Vollziehungsbeamten erfolgt.[1]

 

Rz. 5

Wichtigste Alternative des § 305 AO ist wohl die Verwertung abweichend vom gesetzlichen Leitbild des Vollstreckungsrechts nach der AO. Dies kann bedeuten, dass nur von einzelnen Versteigerungsvorschriften abgewichen wird oder eine andere Art der Verwertung erfolgt. So kann auf die Wochenfrist verzichtet werden, die weiteren Regularien der Einberufung der Versteigerung oder die Beachtung der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen.[2] Fraglich ist, ob auch auf die Einhaltung des Mindestgebots bei der besonderen Verwertung verzichtet werden kann. Dies wird im Regelfall nicht der Fall sein, da das Mindestgebot die zentrale Schutzvorschrift für den Vollstreckungsgläubiger ist. Nur in Ausnahmefällen wird deshalb ein Abweichen von § 300 AO zulässig sein. Es sind dies die Fälle, die auch ein Abweichen von der Wochenfrist ermöglichen.[3]

 

Rz. 6

Neben dem Abweichen von den §§ 296ff. AO kommt insbesondere auch der freihändige Verkauf der gepfändeten Sache durch den Vollziehungsbeamten in Betracht.[4] Im Unterschied zu der Versteigerung kann bei einem freien Verkauf der Käufer auf dem Markt gesucht werden. Da die Vollstreckungsbehörde somit nicht an die engen Vorgaben für Versteigerungen gebunden ist, wird sich oftmals ein besserer Erlös erzielen lassen. Die Verwertung aus freier Hand führt aber nicht etwa dazu, dass der Käufer einen zivilrechtlichen Vertrag mit der Behörde abschließt. Vielmehr bleibt es dabei, dass ein Hoheitsakt gegeben ist.[5] Rechts- und Sachmängelansprüche seitens des Käufers sind deshalb ausgeschlossen. Eine Klage auf Rückgängigmachung ist vor dem FG zu erheben. Der freihändige Verkauf ist gesetzlich vorgeschrieben für Gold-...

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