4.1 Gläubigerstellung des Vollstreckungsschuldners
Rz. 8
Gegenstand der Pfändung ist eine Geldforderung des Vollstreckungsschuldners gegen den Drittschuldner, wobei unerheblich ist, auf welchem Rechtsverhältnis diese Forderung beruht. Der Vollstreckungsschuldner muss also Gläubiger der gepfändeten Forderung sein. Besteht zwar eine Forderung, schuldet der Drittschuldner diese aber nicht dem Vollstreckungsschuldner, sondern einer dritten Person, geht die Pfändung ins Leere, da die Forderung nicht zum Vermögen des Vollstreckungsschuldners gehört. Dies gilt auch dann, wenn der Vollstreckungsgläubiger die Forderung vor der Pfändung wirksam abgetreten hat. Gegenüber dem in diesem Fall zutreffenden Gläubiger hat die Pfändungsverfügung keine Wirkung. Das an den Drittschuldner gerichtete Verbot, an den Schuldner zu leisten, ist gegenstandslos. Die Pfändung führt aber gleichwohl dazu, dass der Drittschuldner die Erklärungspflicht nach § 316 Abs. 1 Nr. 1 AO zu erfüllen hat. Diese Grundsätze sollen selbst dann gelten, wenn die Forderung nach der Pfändung wieder zurückübertragen wird. Dies erscheint indes fraglich. Zumindest wird in diesem Fall ein Verstoß gegen Treu und Glauben zu prüfen sein.
Rz. 9
Ist der Vollstreckungsschuldner nicht alleiniger Gläubiger der Forderung oder Gesamtgläubiger i. S. d. § 428 BGB, sondern Gesamthandsgläubiger, so gehört diese Forderung zum Gesamthandsvermögen. Eine Forderung des Vollstreckungsschuldners ist in diesem Fall mangels Zugehörigkeit zu seinem Vermögen nicht gegeben. Eine Forderung gegen eine Gesamthandsgemeinschaft kann deshalb nur gepfändet werden, wenn der zu vollstreckende Verwaltungsakt sich gegen alle Gesamthänder richtet und jedem zugestellt worden ist.
Rz. 9a
Bei einem sog. "Und-Konto" steht das Guthaben den Kontoinhabern gemeinsam zu, sie können auch nur gemeinsam über dieses verfügen. Ein Pfändung eines solchen Kontos setzt einen Titel gegen alle Inhaber voraus. Liegt hingegen ein "Oder-Konto" vor, kann jeder der Berechtigten allein für alle anderen über das Konto verfügen. Die Berechtigten sind in einem solchen Fall Gesamtgläubiger. Für die Pfändung ist in diesem Fall ein Titel ausreichend
4.2 Bestand der Forderung
4.2.1 Gegenwärtige Forderung
Rz. 10
Die Forderung des Vollstreckungsschuldners, die gepfändet wird, muss im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung grundsätzlich bestehen. Dies bedeutet, dass sie rechtlich existent sein muss. Hierfür müssen die materiellen Voraussetzungen des jeweiligen Anspruchs vorliegen. Unerheblich ist indes, ob die Forderung zu diesem Zeitpunkt fällig oder betagt, bedingt oder befristet ist. Sie kann auch noch von einer Gegenleistung abhängig sein. Ebenfalls möglich ist es, eine nicht einklagbare Forderung zu pfänden. Eine Besonderheit gilt bei Kontokorrentforderungen. Bei diesen wird der zum Zeitpunkt der Zustellung der Pfändungsverfügung bestehende Saldo von der Pfändung erfasst. Bei Dauerschuldverhältnissen gilt grundsätzlich, dass diese wie alle anderen Forderungen zu pfänden sind. Bei Miet- und Pachtforderungen ist zu beachten, dass die gesetzlichen Pfandrechte des Vermieters und Verpächters von der Pfändung mit erfasst werden. Zur Pfändung von Versicherungsforderungen s. Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 309 AO Rz. 51ff.
4.2.2 Künftige Forderung
Rz. 11
Eine Forderung kann auch bereits gepfändet werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Pfändung zwar noch nicht besteht, aber ihr Entstehen für die Zukunft zu erwarten ist. Ein Beispiel hierfür ist die Pfändung von zukünftigem Arbeitseinkommen nach § 313 AO. Entscheidend ist, dass es zwischen dem Vollstreckungsschuldner und dem Drittschuldner bereits eine konkrete rechtliche Grundlage gibt, sodass die künftige Forderung bereits ihrer Art nach bestimmt ist. Unerheblich ist, dass die Höhe der Forderung noch ungewiss ist. Aufgrund dessen sind insbesondere pfändbar künftige Gehaltsforderungen und künftige Ansprüche aus einer Sozialversicherungsrente. Keine künftige Forderung liegt dagegen vor, wenn nur eine tatsächliche Grundlage vorhanden ist, die möglicherweise für die Zukunft den Abschluss von Rechtsgeschäften zur Folge haben wird, wobei jedoch die Person des Drittschuldners noch ungewiss ist. Solche Ansprüche sind nicht pfändbar. Dieser Grundsatz gilt auch, wenn die Forderung durch den Vollstreckungsschuldner erst erworben wird. Die Pfändung einer nicht existenten Forderung ist hingegen von Anfang an nichtig. Entsteht eine in zutreffender Weise gepfändete zukünftige...