4.2.1 Gegenwärtige Forderung
Rz. 10
Die Forderung des Vollstreckungsschuldners, die gepfändet wird, muss im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung grundsätzlich bestehen. Dies bedeutet, dass sie rechtlich existent sein muss. Hierfür müssen die materiellen Voraussetzungen des jeweiligen Anspruchs vorliegen. Unerheblich ist indes, ob die Forderung zu diesem Zeitpunkt fällig oder betagt, bedingt oder befristet ist. Sie kann auch noch von einer Gegenleistung abhängig sein. Ebenfalls möglich ist es, eine nicht einklagbare Forderung zu pfänden. Eine Besonderheit gilt bei Kontokorrentforderungen. Bei diesen wird der zum Zeitpunkt der Zustellung der Pfändungsverfügung bestehende Saldo von der Pfändung erfasst. Bei Dauerschuldverhältnissen gilt grundsätzlich, dass diese wie alle anderen Forderungen zu pfänden sind. Bei Miet- und Pachtforderungen ist zu beachten, dass die gesetzlichen Pfandrechte des Vermieters und Verpächters von der Pfändung mit erfasst werden. Zur Pfändung von Versicherungsforderungen s. Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 309 AO Rz. 51ff.
4.2.2 Künftige Forderung
Rz. 11
Eine Forderung kann auch bereits gepfändet werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Pfändung zwar noch nicht besteht, aber ihr Entstehen für die Zukunft zu erwarten ist. Ein Beispiel hierfür ist die Pfändung von zukünftigem Arbeitseinkommen nach § 313 AO. Entscheidend ist, dass es zwischen dem Vollstreckungsschuldner und dem Drittschuldner bereits eine konkrete rechtliche Grundlage gibt, sodass die künftige Forderung bereits ihrer Art nach bestimmt ist. Unerheblich ist, dass die Höhe der Forderung noch ungewiss ist. Aufgrund dessen sind insbesondere pfändbar künftige Gehaltsforderungen und künftige Ansprüche aus einer Sozialversicherungsrente. Keine künftige Forderung liegt dagegen vor, wenn nur eine tatsächliche Grundlage vorhanden ist, die möglicherweise für die Zukunft den Abschluss von Rechtsgeschäften zur Folge haben wird, wobei jedoch die Person des Drittschuldners noch ungewiss ist. Solche Ansprüche sind nicht pfändbar. Dieser Grundsatz gilt auch, wenn die Forderung durch den Vollstreckungsschuldner erst erworben wird. Die Pfändung einer nicht existenten Forderung ist hingegen von Anfang an nichtig. Entsteht eine in zutreffender Weise gepfändete zukünftige Forderung nicht, geht die Pfändung ins Leere.
Rz. 12
Besonderheiten bestehen bei der Pfändung von steuerlichen Erstattungsansprüchen. Diese dürfen nach § 46 Abs. 6 AO nicht bereits vor ihrer Entstehung gepfändet werden. Für eine Pfändung durch die Finanzbehörde bedeutet dies, dass die Pfändungs- und Einziehungsverfügung den verwaltungsinternen Bereich nicht vor diesem Zeitpunkt verlassen und zum Zweck der Zustellung an die Post übergeben werden darf. Sie darf allerdings bereits vor diesem Zeitpunkt vorbereitet werden. Bei der Pfändung von Steuererstattungsansprüchen hat zudem eine genaue Bezeichnung der Steuerart, des Erstattungsgrunds und des Besteuerungszeitraums zu erfolgen. Allgemeine Hinweise sind nicht ausreichend.