1 Allgemeines
Rz. 1
Die Vorgängerbestimmung des § 313 AO war § 364 RAO. Für die zivilprozessuale Zwangsvollstreckung finden sich entsprechende Bestimmungen in §§ 832, 833 ZPO. Die Norm enthält Spezialregelungen für die Vollstreckung von Forderungen aus fortlaufenden Bezügen, insbesondere Gehaltsansprüchen des Vollstreckungsschuldners. Bei der Pfändung einer Geldforderung wird deren Umfang bestimmt durch den Zeitpunkt, in dem sie wirksam wird. Die Pfändung erstreckt sich also nur auf die Geldleistung, wie sie in diesem Zeitpunkt besteht, es sei denn, dass – was zulässig ist – ausdrücklich künftige Forderungen gepfändet sind. § 313 AO bringt insoweit eine Ausnahme von diesem Grundsatz, als sich in den hier genannten Fällen die Pfändung auch auf künftig fällig werdende Beträge erstreckt, ohne dass es hierzu einer besonderen Anordnung bedarf. Die Bestimmung dient damit der Vermeidung von mehrfachen Pfändungen.
2 Anwendungsbereich der Norm (§ 313 Abs. 1 AO)
2.1 Einheitliche Rechtsbeziehung
Rz. 2
§ 313 AO ist nur dann anwendbar, wenn zwischen Vollstreckungsschuldner und Drittschuldner eine einheitliche Rechtsbeziehung besteht, aufgrund derer für eine persönliche Dienstleistung fortlaufend Geldleistungen fällig werden. Diese einheitliche Rechtsbeziehung besteht in einem Schuldverhältnis, das auf einen gewissen Fortbestand eingerichtet ist. Aus diesem einheitlichen Schuldgrund müssen die Geldleistungen mit einer gewissen Stetigkeit und annähernden Gleichmäßigkeit fällig werden. Kurze Unterbrechungen und auch Schwankungen in der Höhe sind hierbei unerheblich. Als einheitlicher Schuldgrund i. d. S. ist auch eine Aneinanderreihung mehrerer einzelner Schuldverhältnisse (z. B. Arbeitsverträge) anzusehen, wenn diese Vertragsfolge nach der Verkehrsanschauung als üblich anzusehen ist. So führen etwa mehrere befristete Arbeitsverträge dazu, dass es zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis kommt. In der Regel führt das dritte befristete Arbeitsverhältnis zu einem unbefristeten Vertrag. Nicht erforderlich ist, dass bereits Teilbeträge fällig geworden sind. Die Pfändung ergreift auch Ansprüche aus einem künftigen Dauerschuldverhältnis..
2.2 Betroffene Vertragsbeziehungen
2.2.1 Arbeits- oder Dienstverhältnisse
Rz. 3
Das typische Beispiel eines Dauerschuldverhältnisses (s. Rz. 2) ist das Arbeits- oder Dienstverhältnis, aus dem sich Gehaltsforderungen des jeweiligen Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber ergeben. Gehalt i. d. S. sind alle Vergütungen, die aufgrund des Vertragsverhältnisses gezahlt werden. Entscheidend ist der den Vergütungen innewohnende Unterhaltscharakter, unerheblich ist dagegen die Bezeichnung, z. B. Gehalt, Lohn, Provision, Honorar, Tantieme etc. Gehaltsforderungen sind auch Ruhegehälter oder sonstige nach dem Ausscheiden aus dem Vertragsverhältnis gewährte fortlaufende Bezüge oder Renten.
Rz. 4
Unerheblich ist ebenfalls die Zahlungsweise aus dem Vertragsverhältnis, sodass auch bei täglicher Entlohnung Gehalt i. d. S. gegeben ist. Gehalt sind somit auch die Provisionsansprüche des selbstständigen Vertreters, wenn er in einer ständigen, einem Arbeitsverhältnis ähnlichen Geschäftsverbindung zum Vertretenen steht. Auch ein faktisches Arbeitsverhältnis ist ausreichend.
2.2.2 "Ähnliche" fortlaufende Bezüge
Rz. 5
§ 313 AO gilt auch für einer Gehaltsforderung ähnliche fortlaufende Bezüge. Die Ähnlichkeit bezieht sich hier nicht auf den Unterhaltscharakter des Gehalts, sondern auf eine gewisse Stetigkeit und Gleichmäßigkeit der Zahlungsweise. Nicht erforderlich ist, dass die Zahlungen stets gleichmäßig hoch und immer im gleichen Zeitabstand erfolgen. Hierzu zählen z. B. sonstige Renten und Mieten. Wegen der Arbeitslosenhilfe (jetzt Hartz IV), auch wenn die Zahlung aufgrund einer neuen Arbeitslosigkeit erfolgt, vgl. BSG v. 12.5.1982, 7 RAr 63/81, BB 1982, 1614. Nicht gleichzustellen – und damit nicht unter den Begriff der ähnlichen fortlaufenden Bezüge zu fassen – ist das Arbeitsentgelt eines Strafgefangenen....