Rz. 16
Neben den unbedingt unpfändbaren Arten des Arbeitseinkommens nach § 850a ZPO bestimmt § 850b ZPO, dass bestimmte Arbeitseinkommen, die in § 850b Abs. 1 ZPO definiert sind, bedingt unpfändbar sind. Grundsätzlich ist die Pfändung dieser Forderungen ebenfalls untersagt, sodass diese bei der Berechnung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens regelmäßig nicht zu berücksichtigen sind. Nur unter den speziellen Voraussetzungen des Abs. 2 kommt eine Pfändung dieser Einkommensarten ausnahmsweise in Betracht. Diese Einkommensarten unterliegen demnach ebenfalls einem besonderen Pfändungsschutz, der aber gegenüber dem des § 850a ZPO abgeschwächt ist.
2.3.1 Bedingt pfändbare Einkommensarten (§ 850b Abs. 1 ZPO)
Rz. 17
Nach § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit gezahlt werden, bedingt unpfändbar. Hierhin gehören z. B. Renten nach § 843 BGB, § 8 HaftpflG, § 13 StVG, § 38 LuftVG, § 30 AtomG, § 618 Abs. 3 BGB, Unfallrenten, die auf einer vertraglichen Grundlage gewährt werden, ebenso wie rückständige und somit in einer Summe zu zahlende Renten. Nicht erfasst werden hingegen Kapitalabfindungen anstelle von Schadensersatzrenten sowie Auslagenerstattungen wegen vorübergehender Vermehrung von Bedürfnissen.
Rz. 18
Unterhaltsrenten, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften gewährt werden, und Renten, die auf der Entziehung solcher Unterhaltsrenten beruhen, sind nach § 850b Abs. 1 Nr. 2 ZPO ebenfalls bedingt unpfändbar. Unter dem Begriff der Unterhaltsrente sind dabei nicht nur periodisch wiederkehrende Leistungen, sondern gleichfalls einmalig zu zahlende Unterhaltsbeträge zu verstehen. Ob die Zahlung der Unterhaltsrente letztlich auf Grundlage eines Vertrags, Vergleichs, Urteils oder nur auf gesetzlicher Grundlage erfolgt, ist ohne Bedeutung, solange der Unterhalt auf einer gesetzlichen Grundlage beruht. Als gesetzliche Grundlagen kommen z. B. §§ 1360f., 1569ff., 1601ff., 2141ff. BGB infrage. Renten, die auf der Entziehung solcher Unterhaltsrenten beruhen, werden z. B. durch § 844 BGB, § 8 Abs. 1 HaftpflG, §§ 35 Abs. 2, 38 LuftVG und §§ 10 Abs. 2, 7 StVG begründet.
Rz. 19
Fortlaufende Einkünfte aus Stiftungen, sonstiger Fürsorge oder aufgrund der Freigiebigkeit eines Dritten sind nach § 850b Abs. 1 Nr. 3 ZPO bedingt unpfändbar. Diese Zahlungen müssen gleichzeitig unentgeltlich, in fürsorglicher Absicht und in Freigiebigkeit gewährt sein, um den Lebensunterhalt des Schuldners zu sichern. Unter den Schutz dieser Norm fallen zudem Einkünfte auf Grundlage eines Altenteils oder Auszugsvertrags. Dies sind Leistungen, die aus und auf einem Grundstück zu gewähren sind und der Versorgung des Berechtigten dienen. Ein typisches Beispiel ist insoweit die Leibrente. Es ist dabei unerheblich, ob dieser Anspruch dinglich gesichert oder lediglich schuldrechtlich vereinbart ist. Regelmäßig ist jedoch eine verwandtschaftliche, jedenfalls aber eine enge persönliche Beziehung zwischen den Parteien notwendig. Wegen ihres Versorgungszwecks sind diese Einkünfte bedingt unpfändbar.
Rz. 20
§ 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO bestimmt, dass ebenfalls Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen, die mindestens zu einem wesentlichen Anteil zu Unterstützungszwecken gewährt werden, sowie Lebensversicherungen auf den Todesfall des Versicherungsnehmers bis zu einer Versicherungssumme von 5.400 EUR bedingt unpfändbar sind. Der Pfändungsschutz besteht unabhängig davon, ob die Kasse eine private oder öffentliche ist, ob eine wiederholende oder einmalige Zahlung erfolgt. Entscheidend ist, ob die Zahlung zu Unterstützungszwecken für Notfälle erfolgte, sodass sie vor dem Zugriff Dritter geschützt werden muss.
2.3.2 Bedingte Unpfändbarkeit (§ 850b Abs. 2 ZPO)
Rz. 21
Die unter Rz. 17–20 erörterten Bezüge sind für alle Gläubiger grundsätzlich unpfändbar. Gemäß § 850b Abs. 2 ZPO kommt eine Pfändung nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn eine Zwangsvollstreckung in das sonstige Vermögen des Schuldners keine oder keine vollständige Befriedigung gebracht hat oder aller Voraussicht nach nicht bringen wird und gleichzeitig die Pfändung nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere der Art des beizutreibenden Anspruchs, der Höhe der Bezüge und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Gläubigers sowie des Schuldners billig ist. Für die Beurteilung der Frage, ob eine ausstehende Pfändung Erfolg versprechend ist oder nicht, ist es nicht erforderlich, dass eine Vollstreckung bereits erfolglos durchgeführt worden ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn Ermittlungen nach § 249 Abs. 2 S. 2 AO die Annahme begründen, dass eine Vollstreckung die Forderun...