3.1 Grundsätzliche Verpflichtung (Abs. 2 S. 1)
Rz. 23
Die durch §§ 30 Abs. 4 Nr. 2, 31a Abs. 1 AO eingeräumte Zulässigkeit der Offenbarung der nach § 30 AO geschützten Daten der betroffenen Person wird durch Abs. 2 S. 1 zu einer Mitteilungspflicht. Die Finanzbehörden haben danach in den Fällen des Abs. 1 der jeweils zuständigen Stelle (s. Rz. 4) die von ihr benötigten Tatsachen mitzuteilen.
Diese Mitteilungspflicht führt aber nicht zu einer gesonderten Prüfungspflicht oder systematischen Datenaufbereitungsnotwendigkeit zur Prüfung im Besteuerungsverfahren bekannt gewordener Daten auf deren Eignung oder Relevanz für die Aufgabenwahrnehmung der Bewilligungsbehörden. Eine das Steuergeheimnis öffnende Regelung begründet keine neue – § 85 AO übersteigende – Aufgabenzuweisung an die Finanzbehörden.
Die Befugnis und Pflicht zur Mitteilung der geschützten Daten umfasst nicht die Befugnis oder Verpflichtung zur Gewährung von Akteneinsicht oder Aktenüberlassung.
3.2 Offenbarung auf Antrag der betroffenen Person (Abs. 2 S. 2)
Rz. 24
Auf Antrag der betroffenen Person ist die Finanzbehörde in den Fällen des Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 ebenfalls zur Mitteilung verpflichtet. Die Befugnis hierzu folgt bereits aus § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO. Während aber ein Antrag der betroffenen Person zur Offenbarung i. R. d. § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO nur einen Anspruch auf ermessensgerechte Entscheidung, aber noch keine Verpflichtung begründet, dem zu entsprechen, greift § 31a Abs. 2 S. 2 AO hier weiter. Soweit sich die unmittelbare Verpflichtung, dem Antrag zu entsprechen, nicht zwingend aus der Formulierung des S. 2 ergibt, hat der Gesetzgeber dies noch einmal in S. 3 klargestellt. Als Anwendungsfälle des Abs. 2 S. 2 in Betracht kommen vor allem Fälle, in denen die Finanzbehörde Tatsachen kennt, die für positive Entscheidungen, also zugunsten der betroffenen Person, Bedeutung haben.
Rz. 24a
§ 31a Abs. 2 S. 2 AO wurde mit Wirkung vom 1.1.2024 geändert. Dabei wurde das Kreditzweitmarktförderungsgesetz kurz vor Ablauf des Jahres 2023 um politisch nicht streitbefangene Regelungen – wie die zu § 31a Abs. 2 S. 2 AO – erweitert, die zuvor Teil des Entwurfs eines Wachstumschancengesetzes waren, um diese noch zum Beginn des Folgejahres in Kraft treten lassen zu können und so Risiken aus eventuellen Rückwirkungen zu vermeiden.
Für die Wirkung des § 31a Abs. 2 S. 2 AO wäre dies allerdings nicht problematisch gewesen. Eine materielle Gesetzesänderung ergab sich insoweit nicht. Vielmehr wurde die in § 31a Abs. 2 S. 2 AO enthaltene Regelung lediglich redaktionell an die durch das JStG 2022 in § 31a Abs. 1 S. 2 AO eingefügte Rechtsänderung (Rz. 20a f. und 21a) angepasst. Die Nachholung dieser eigentlich bereits in das JStG 2022 gehörenden Anpassung des Wortlauts des § 31a Abs. 2 S. 2 AO war also sauberer Gesetzestechnik ohne materielle Wirkung geschuldet.
3.3 Einschränkung der Mitteilungspflicht (Abs. 2 S. 3)
Rz. 25
Die Pflicht zu Mitteilungen durch die Finanzbehörde an die zuständige Stelle wird allerdings in § 31a Abs. 2 S. 3 AO sowohl für die grundsätzliche Mitteilungspflicht nach Abs. 2 S. 1, als auch in den Fällen des Antrags der betroffenen Person nach Abs. 2 S. 2 für die Fälle aufgehoben, in denen die Pflichterfüllung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Finanzbehörde verbunden wäre. Eine solche Einschränkung der Amtshilfepflicht findet sich auch sonst in Vorschriften zur Amtshilfe. Der Begriff der "Unverhältnismäßigkeit" zeigt aber zugleich, dass der Erfüllungsaufwand hier nicht einseitig definiert werden kann, sondern immer an der Bedeutung des Falls zu orientieren ist. Je geringer das Gewicht der Mitteilungspflicht sich darstellt, desto geringer darf auch der für die Mitteilung zu Buche schlagende Aufwand sein, um einer Mitteilungspflicht entgegenzustehen. Ein unverhältnismäßiger Aufwand liegt deshalb dann vor, wenn der zur Erfüllung der Mitteilungspflicht erforderliche sachliche, personelle und zeitliche Aufwand erkennbar außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg der konkreten Mitteilung stehen würde. Dabei ist das Kriterium des unverhältnismäßigen Aufwands aber auch nicht zu eng auszulegen oder nur auf seltene Ausnahmefälle zu beschränken.