Rz. 3
§ 320 Abs. 1 AO verweist auf die Bestimmungen der §§ 853–856 ZPO sowie auf § 99 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen (LuftfzRG). Welche der Bestimmungen Anwendung findet, hängt davon ab, welche Art von Forderung im jeweiligen Fall mehrfach gepfändet wurde.
3.1 Mehrfach gepfändete Geldforderungen
Rz. 4
Wird eine Geldforderung mehrfach gepfändet, findet über den Verweis in § 320 Abs. 1 AO die Regelung des § 853 ZPO entsprechende Anwendung. Nach § 853 ZPO hat der Drittschuldner zunächst ein Wahlrecht, ob er den geschuldeten Betrag hinterlegt oder an den Pfändungsgläubiger zahlt. Dies ist allerdings mit dem Risiko behaftet, dass er eventuell an den falschen Gläubiger leistet. Auf Verlangen eines Pfändungsgläubigers hat der Drittschuldner die Forderung zu hinterlegen. Es besteht dann also kein Wahlrecht mehr. Diese Hinterlegungsaufforderung bedarf keiner besonderen Form, aus Beweisgründen ist eine schriftliche Aufforderung allerdings regelmäßig angezeigt. Auch die Hinterlegungsaufforderung bewirkt nicht etwa, dass der Drittschuldner nicht an einen Pfändungsgläubiger leisten kann. Leistet der Drittschuldner aber trotz der Hinterlegungsaufforderung an einen Gläubiger, besteht die Gefahr, dass er an den falschen Gläubiger leistet. Auch kann er sich in diesem Fall nicht mehr auf § 836 Abs. 2 ZPO berufen.
Rz. 5
Die Hinterlegung hat für den Drittschuldner eine schuldbefreiende Wirkung. Das Amtsgericht verteilt den hinterlegten Betrag unter Anwendung der §§ 872ff. ZPO. Zuständig für die Hinterlegung ist hierbei das Amtsgericht, dessen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zuerst zugestellt worden ist. Für den Fall, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Vollstreckungsbehörde zuerst ergangen ist, ist § 320 Abs. 2 AO zu beachten (s. Rz. 11). Lehnt das Amtsgericht die Annahme des Geldbetrags zur Hinterlegung ab, ist gegen diese Entscheidung die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO gegeben. Mit der Hinterlegung hat der Drittschuldner dem Gericht den Hinterlegungsgrund anzuzeigen und die ihm vorliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vorzulegen. Kommt er dem nicht nach, ist die Hinterlegung nicht wirksam bewirkt.
3.2 Mehrfach gepfändete Ansprüche auf Herausgabe oder Leistung von Sachen
3.2.1 Herausgabe oder Leistung beweglicher Sachen
Rz. 6
Handelt es sich bei dem gepfändeten Anspruch um einen solchen auf die Herausgabe oder Leistung einer beweglichen Sache, gilt § 854 ZPO. Inhaltlich ist § 854 ZPO ähnlich wie § 853 ZPO ausgestaltet. An die Stelle der Hinterlegung des Geldbetrags tritt jedoch die Herausgabe der beweglichen Sache an den Gerichtsvollzieher. Hierbei ist der Gerichtsvollzieher im Einzelfall zuständig, der im ersten Herausgabebeschluss bezeichnet ist. Ist die erste Pfändung durch eine Vollstreckungsbehörde bewirkt worden, tritt an die Stelle des Gerichtsvollziehers der in der Herausgabeanordnung benannte Vollziehungsbeamte. Bei einer gleichzeitig erfolgten Pfändung kann der Drittschuldner und nach § 854 Abs. 3 ZPO hat der Gerichtsvollzieher den Erlös zu hinterlegen. Durch diese Herausgabe an den Gerichtsvollzieher erfüllt der Drittschuldner seine Leistungspflicht. Die Verwertung der Sache erfolgt, wenn sie an einen Vollziehungsbeamten herausgegeben ist, nach § 308 AO, bei einer Herausgabe an den Gerichtsvollzieher nach §§ 847 Abs. 2, 827 ZPO.
3.2.2 Herausgabe oder Leistung unbeweglicher Sachen
Rz. 7
Betrifft die mehrfach gepfändete Forderung einen Anspruch auf Herausgabe oder Leistung von unbeweglichen Sachen, findet § 855 ZPO Anwendung. Dies betrifft insbesondere Grundstücke. Abweichend von der Regelung für die beweglichen Sachen tritt an die Stelle des Gerichtsvollziehers ein Sequester, der vom Amtsgericht, in dessen Bezirk sich die Sache befindet, bestellt wird. Auch die Herausgabe an den Sequester hat befreiende Wirkung für den Drittschuldner.
3.2.3 Herausgabe oder Leistung von eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken
Rz. 8
Bei einer Pfändung einer Forderung, die auf Herausgabe oder Leistung von eingetragenen Schiffen, eingetragenen Schiffsbauwerken oder Schwimmdocks gerichtet ist, gilt § 855a ZPO. Diese Bestimmung ist in ihrer Ausgestaltung dem § 855 ZPO sehr ähnlich. An die Stelle des Sequesters tritt hier jedoch ein Treuhänder.
3.2.4 Herausgabe oder Leistung eingetragener Luftfahrzeuge
Rz. 9
Bei der Pfändung einer Forderung auf Herausgabe oder Leistung eines eingetragenen Luftfahrzeu...