Rz. 22
§ 32i Abs. 2 AO weist datenschutzrechtliche Streitigkeiten zwischen den Finanzbehörden und der betroffenen Person uneingeschränkt dem Finanzrechtsweg zu.
3.1 Gegenstand des Rechtsstreits
Rz. 22a
Gegenstand des Rechtsstreits sind Klagen wegen (vermeintlichen) Verstößen gegen Bestimmungen der DSGVO. § 32i Abs. 2 S. 2 AO erfasst seit dem 29.12.2020 ebenfalls Klagen wegen Auskunfts- und Informationszugangsansprüchen, deren Umfang nach § 32e AO begrenzt wird. Auch diese Streitigkeiten werden dem Finanzrechtsweg zugewiesen.
3.1.1 Datenschutzrechtliche Klagen
Rz. 23
§ 32i Abs. 2 AO bestimmt, dass für alle datenschutzrechtlichen Klagen einer Person gegen die Finanzbehörden der Finanzrechtsweg gegeben ist. Dies gilt einheitlich für alle Rechtsstreitigkeiten hinsichtlich der Verarbeitung von personenbezogenen Daten dieser Person. Es kommt nicht darauf an, ob es sich um Daten handelt, die dem Steuergeheimnis unterliegen. Der Verzicht auf die Bezugnahme auf den § 30 AO ist m. E. zwingend erforderlich. Die personenbezogenen "eigenen" Daten, über die eine Person i. d. R. Auskunft begehrt, unterliegen ihr gegenüber i. d. R. nicht dem Steuergeheimnis. Das Abstellen nur auf die nach § 30 AO geschützten Daten hätte somit dazu führen können, dass § 32i Abs. 2 AO für den eigentlichen Hauptanwendungsfall der Vorschrift – Klagen der betroffenen Person gegen das FA – nicht eingegriffen hätte.
Rz. 24
Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Verstoß gegen die "datenschutzrechtlichen Bestimmungen im Anwendungsbereich der DSGVO".
Rz. 24a
Nicht erfasst sind auch Schadenersatzklagen nach Art. 82 DSGVO gegenüber der Finanzbehörde. Für diese Verfahren ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Selbst wenn § 32i Abs. 2 AO dahingehend verstanden würde, dass sich die Norm dem Wortlaut nach auch auf Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der DSGVO erstrecken könnte, wäre die Vorschrift jedenfalls verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass sie unter Achtung des verfassungsrechtlich garantierten Rechtswegs zu den Zivilgerichten Schadensersatzansprüche gegen den Staat wegen Verletzung der DSGVO nicht erfasst.
3.1.2 Auskunfts- und Informationszugangsansprüche
Rz. 24b
§ 32i AO enthielt ursprünglich für bestimmte Auskunfts- und Informationszugangsansprüche nach den IFG des Bundes und der Länder, die gegenüber den Finanzbehörden geltend gemacht werden, keine ausdrückliche aufdrängende Sonderzuweisung zu den FG. Dies hatte zur Folge, dass für entsprechende Ansprüche der Verwaltungsrechtsweg gegeben war, selbst wenn der Umfang des Auskunfts- und Informationsanspruchs durch § 32e AO auf das Maß beschränkt wurde, in dem er auch bei einem auf die DSGVO i. V. m. den §§ 32a bis 32d AO gestützten Anspruch Auskunft erhalten hätte. Wird der Auskunftsanspruch vom Berechtigten jedoch unmittelbar auf Art. 12 bis 15 DSGVO i. V. m. den §§ 32a bis 32d AO gestützt, ist nach § 32i Abs. 2 AO der Finanzrechtsweg gegeben. Für die Auslegung der §§ 32a bis 32d AO waren damit zum einen die Verwaltungsgerichte und zum anderen auch die FG zuständig. Da es sich im Ergebnis um die Auslegung derselben steuerverfahrensrechtlichen Vorschriften handelte, hat der Gesetzgeber mit dem JStG 2020 eine Anpassung des § 32i Abs. 2 AO vorgenommen, um insoweit eine einheitliche Rechtsprechung in datenschutzrechtlichen Klageverfahren im Anwendungsbereich der AO und somit auch eine einheitliche Auslegung der maßgeblichen steuerverfahrensrechtlichen Vorschriften sicherzustellen.
Rz. 24c
Die Neuregelung gilt grundsätzlich für alle seit dem 29.12.2020 anhängigen Verfahren. War das Verfahren bereits vor der gesetzlichen Änderung bei einem FG anhängig, bleibt es bei der Zuständigkeit. Denn der Grundsatz, dass nachträgliche Veränderungen ohne Bedeutung sind, gilt nur rechtswegerhaltend, weil er der Prozessökonomie dient. Treten, bevor es zu einer Verweisungsentscheidung kommt, Umstände ein, die die Zulässigkeit des Rechtswegs erst begründen, so sind diese zu berücksichtigen. Allerdings ist der Finanzrechtsweg nicht für alle Klagen auf Informationszugang nach den IFG gegeben. Die Sonderzuständigkeit besteht nur, soweit der Anspruch auf Informationszugang nach § 32e AO i. V. m. §§ 32a bis 32d AO begrenzt wird, d. h. die Anwendung und die Auslegung dieser verfahrensrechtlichen Vorschriften streitig ist. Kommt es auf die genannten Vorschriften hingegen für die Erteilung der Auskunft nicht an, verbleibt es beim Verwaltungsrechtsweg.
Rz. 24d
Problematisch ist allerdings, dass bei Beginn des Rechtsstreits noch nicht feststeht, ob der Anspruch auf Informationszugang tatsächlich nach § 32e AO...