2.1 Vollstreckbare Zwangsgeldfestsetzung
Rz. 3
Die Anordnung der Ersatzzwangshaft setzt eine vollstreckbare Zwangsgeldfestsetzung voraus. Fraglich ist, ob es entsprechend § 251 Abs. 1 AO ausreicht, dass die Zwangsgeldfestsetzung vollziehbar ist oder ob darüber hinaus die Bestandskraft der Zwangsgeldfestsetzung erforderlich ist. U. E. kommt die Anordnung von Ersatzzwangshaft nur in Betracht, wenn die Zwangsgeldfestsetzung bestandskräftig ist. Denn mit dem Vollzug der Ersatzzwangshaft vor Bestandskraft der Zwangsgeldfestsetzung würden Tatsachen geschaffen, die auch bei einer späteren Aufhebung der Zwangsgeldfestsetzung nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten.
Rz. 4
Die Zwangsgeldfestsetzung darf nicht verbraucht sein. Ist aufgrund einer Zwangsgeldfestsetzung bereits einmal Ersatzzwangshaft angeordnet worden, so ist das Zwangsmittel damit vollzogen. Die erneute Anordnung der Ersatzzwangshaft kann nur aufgrund einer "wiederholten" Zwangsgeldfestsetzung erfolgen.
Die Zahlungsverjährung des Zwangsgeldanspruchs schließt die Anordnung von Ersatzzwangshaft bzw. deren Vollstreckung aus. Durch die Anordnung der Ersatzzwangshaft wird die Verjährung des Zwangsgeldanspruchs nicht nach § 231 Abs. 1 AO unterbrochen, weil sie keine Vollstreckungsmaßnahme zur Durchsetzung des Zwangsgeldanspruchs, sondern zur Durchsetzung der Anordnungsverfügung ist.
2.2 Uneinbringlichkeit des Zwangsgelds
Rz. 5
Nach § 334 Abs. 1 S. 1 AO setzt die Anordnung der Ersatzzwangshaft voraus, dass das festgesetzte Zwangsgeld uneinbringlich ist. Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn der Versuch der Vollstreckung des Zwangsgeldanspruchs nach §§ 259ff. AO erfolglos geblieben ist. Dies setzt voraus, dass die Finanzbehörde die Vollstreckungsmöglichkeiten in alle ihr bekannten Vermögensgegenstände des Pflichtigen ausgeschöpft hat oder dass der Versuch der Vollstreckung von vornherein aussichtslos erscheint. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Pflichtige über der Finanzbehörde unbekannte Vermögensgegenstände verfügt, kann zur Feststellung der Uneinbringlichkeit die Abnahme der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung nach § 284 Abs. 1 und 3 AO erforderlich sein. Wird eine gepfändete Forderung des Pflichtigen vom Drittschuldner bestritten, ist deren gerichtliche Geltendmachung aber jedenfalls dann entbehrlich, wenn der Bestand der Forderung zweifelhaft ist. Die Durchführung eines Insolvenzverfahrens ist nicht erforderlich.
2.3 Hinweis bei Androhung
Rz. 6
Die Ersatzzwangshaft kann nur angeordnet werden, wenn bei der Androhung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Dem Pflichtigen sollen die ihm bei einer anhaltenden Pflichtverletzung drohenden Konsequenzen bereits vor der Festsetzung des Zwangsgelds vor Augen geführt werden. Fehlt der Hinweis, so scheidet die Haftanordnung wegen dieser Zwangsgeldfestsetzung aus. Ein "bei Androhung" unterbliebener Hinweis kann nach dem Zweck und dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht nachgeholt werden. Eine besondere Androhung des Haftantrags ist nicht erforderlich, kann aber zweckmäßig sein.
2.4 Fortbestehende Pflicht
Rz. 7
Die Ersatzzwangshaft kann nur angeordnet werden, wenn sie zur Erzwingung der Pflichterfüllung noch geboten ist. Nach § 335 AO ist der Vollzug des Zwangsmittels sofort einzustellen, wenn die zu erzwingende Verpflichtung erfüllt worden oder aus anderen Gründen – z. B. durch Aufhebung des pflichtbegründenden Verwaltungsakts – weggefallen ist. Treten solche Umstände nach Anordnung, aber vor Vollzug der Haft ein, so kommt der Vollzug der Haftanordnung nicht mehr in Betracht.
2.5 Antrag der Finanzbehörde
Rz. 8
Voraussetzung für die Anordnung der Ersatzzwangshaft durch das Amtsgericht ist ein entsprechender Antrag der Finanzbehörde. Die Antragstellung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Sie hat zu unterbleiben, wenn der Pflichtige die Verpflichtung nach der Festsetzung des Zwangsgelds erfüllt hat. Der Antrag ist kein Verwaltungsakt, weil er keine auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Entscheidung i. S. d. § 118 AO, sondern nur eine Verfahrenshandlung darstellt. Die Antragstellung kann daher nicht mit dem Einspruch angefochten werden. Rechtsmittel können nur gegen die gerichtliche Entscheidung eingelegt werden.