Rz. 5
Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen handeln für die von ihnen vertretenen Personen. Während das Bürgerliche Recht dabei in erster Linie die Vertretung in der Abgabe und dem Empfang von Willenserklärungen sieht und aus dieser Rechtsfolgen nur für den Vertretenen zieht, ist im Steuerrecht die Vertretung im Wissen sowie in der Verwertung und Weitergabe des Wissens besonders wichtig. Gerade auch deswegen muss im Steuerrecht auf den Vertreter zurückgegriffen werden; besonders diese Seiten der Vertretung werden durch § 34 AO betroffen. Sowohl bei den Willenserklärungen als auch beim Wissen sind das Verhalten bzw. die Kenntnis des Vertreters dem Vertretenen zuzurechnen. Bei einer Gesamtvertretung reicht für die Wirksamkeit des Empfangs einer Willenserklärung oder eines Verwaltungsakts der Zugang bei einem der Gesamtvertreter. Bei ausländischen natürlichen und juristischen Personen richten sich das Vorhandensein und der Inhalt der gesetzlichen Vertretung nach dem Recht des Heimatlands des Vertretenen.
2.1.1.1 Gesetzliche Vertreter natürlicher Personen
Rz. 6
Personen, die nicht voll geschäftsfähig sind, können grundsätzlich im Rechtsverkehr nicht selbst mit Rechtswirkungen handeln. Nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO sind sie ebenso wie im bürgerlichen Recht auch im Steuerrecht regelmäßig nicht zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig. Soweit sie nach bürgerlichem Recht als geschäftsfähig oder nach öffentlichem Recht als handlungsfähig anerkannt sind oder behandelt werden, sind sie auch steuerlich handlungsfähig.
Geschäftsunfähige natürliche Personen können keine wirksamen Willenserklärungen abgeben und sind auch von anderen rechtserheblichen Handlungen ausgeschlossen.
Gemäß § 105a BGB gelten Geschäfte des täglichen Lebens eines volljährigen Geschäftsunfähigen bei Bewirkung von Leistung und Gegenleistung als vereinbart, wenn sie mit geringwertigen Mitteln bewirkt werden können.
Beschränkt geschäftsfähige natürliche Personen können Rechtsgeschäfte, durch die sie nicht nur rechtliche Vorteile erlangen, nicht ohne Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters wirksam eingehen. Einseitige Rechtsgeschäfte des beschränkt Geschäftsfähigen sind ohne die Ermächtigung des gesetzlichen Vertreters unwirksam, Verträge schwebend unwirksam. Allerdings wird die Wirksamkeit einer von oder gegenüber einem Vertreter abgegebenen Willenserklärung nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Vertreter in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist.
Rz. 7
Minderjährige können von ihrem gesetzlichen Vertreter zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts oder zur Eingehung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses ermächtigt werden (Rücknahme und Widerruf sind auf gleichem Weg wie die Ermächtigung möglich). Der Minderjährige ist dann für alle Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, die den Geschäftsbetrieb bzw. die Eingehung oder Aufhebung bzw. die Erfüllung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Verpflichtungen betreffen. Ausgenommen sind nur die Verträge, zu denen auch der gesetzliche Vertreter die Genehmigung des Familiengerichts benötigt. Soweit der Minderjährige danach unbeschränkt geschäftsfähig ist, scheiden die Mitwirkung und die Pflichten des (im übrigen) gesetzlichen Vertreters nach § 34 Abs. 1 AO aus.
Die Grenzen der teilweisen unbeschränkten Geschäftsfähigkeit sind nicht immer leicht zu finden. Zu dieser Geschäftsfähigkeit können nur solche steuerlichen Handlungen zählen, die ausschließlich den Bereich des Erwerbsgeschäfts bzw. des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses betreffen. Das werden regelmäßig die mit der GewSt und USt zusammenhängenden Tätigkeiten, nicht dagegen die mit der ESt zusammenhängenden Handlungen sein. Diese betreffen nicht ausschließlich das Dienst- oder Arbeitsverhältnis und können daher vom Minderjährigen auch dann nicht wirksam vorgenommen werden, wenn er zur Eingehung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses ermächtigt worden ist.
Bei besonders bedeutsamen Rechtsgeschäften ist eine Genehmigung des Familiengerichts erforderlich.
Rz. 8
Gesetzliche Vertreter natürlicher Personen sind
- die Eltern,
- der Elternteil oder die Eltern, dem bzw. denen im Fall der Scheidung oder des Getrenntlebens die elterliche Sorge übertragen worden ist,
- die Mutter eines Kindes, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind, soweit nicht die Voraussetzungen einer gemeinsamen elterlichen Sorge erfüllt sind,
- der Vormund für Minderjährige bei entsprechender Bestellung durch das Familiengericht,
- das Jugendamt als Amtsvormund, etwa bei Fehlen eines sorgeberechtigten Elternteils oder bei vertraulicher Geburt,
- der Pfleger bzw. Betreuer im Fall der Betreuung eines Volljährigen aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, gei...