Rz. 15
Durch umfassende Änderungen des Personengesellschaftsrechts zum 1.1.2024 durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts wurde das Recht der GbR am Leitbild einer auf gewisse Dauer angelegten, mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestatteten Personengesellschaft ausgerichtet. Dem folgend wurden auch die steuerverfahrensrechtlichen Regelungen zur Pflichtenstellung bei Personenvereinigungen zeitgleich dem neuen Recht angepasst.
In § 34 Abs. 1 S. 1 AO wird nunmehr nicht mehr auf das Vorliegen einer Geschäftsführung bei - nach altem Recht - "nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen" abgestellt. Den umfassenden Änderungen des Gesellschaftsrechts wird dadurch Rechnung getragen, dass die Frage, ob eine Personenvereinigung nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 34 AO zu beurteilen ist, sich danach richtet, ob es sich nach neuem Recht um eine rechtsfähige oder eine nichtrechtsfähige Personengesellschaft handelt.
Rz. 16
Das BGB unterscheidet nunmehr zwischen der rechtsfähigen Gesellschaft, die in das neu geschaffene Gesellschaftsregister einzutragen ist und den Namen eGbR führt und der nichtrechtsfähigen Gesellschaft. Dabei ist die rechtsfähige eGbR aber keine juristische Person, da sie gegenüber ihren Gesellschaftern nicht vollständig verselbstständigt ist.
Durch die gesetzliche Anerkennung der Rechtsfähigkeit der eGbR war es erforderlich, die Befugnis zur organschaftlichen Vertretung der eGbR eigenständig, aber dennoch in Parallele zur Geschäftsführungsbefugnis zu regeln. Dementsprechend war es für den Gesetzgeber in § 34 Abs. 1 S. 1 AO auch geboten, die rechtsfähigen Personengesellschaften gesondert aufzuführen. § 34 Abs. 1 S. 1 AO schließt an die bürgerlich-rechtliche Regelung zur Vertretung einer rechtsfähigen Personengesellschaft an. Dementsprechend wird entsprechend der bürgerlich-rechtlichen Regelung nicht mehr auf die Befugnis zur Geschäftsführung abgestellt, sondern auf deren in § 720 BGB geregelte Vertretungsbefugnis einer rechtsfähigen Personengesellschaft. Nach § 720 Abs. 1 BGB sind zur Vertretung der rechtsfähigen Personengesellschaft alle Gesellschafter gemeinsam befugt, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Dabei erstreckt sich die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter nach § 720 Abs. 3 S. 1 BGB auf alle Geschäfte der Gesellschaft, also auch auf deren steuerliche Pflichten.
Dementsprechend haben seit dem 1.1.2024 die gesetzlichen Vertreter rechtsfähiger Personenvereinigungen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen.
Rz. 17
Mit dem Grundsatz der Gesamtvertretungsbefugnis aller Gesellschafter bei der eGbR, soweit nicht der Gesellschaftsvertrag etwas anderes regelt, unterscheidet sich die Vertretungsbefugnis vom Recht der - gleichfalls rechtsfähigen - OHG, die dem Grundsatz der Einzelvertretung folgt. Zur Vertretung der OHG ist jeder Gesellschafter einzeln befugt, wenn er nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen ist. Eine etwaige Gesamtvertretungsbefugnis müsste für die OHG, wenn diese gewollt ist, im Gesellschaftsvertrag gesondert geregelt werden.
Auf die KG finden die für die OHG geltenden Bestimmungen zwar grundsätzlich Anwendung. Allerdings enthält das HGB zur Vertretungsbefugnis die Sonderregelung, dass der Kommanditist - aus dieser Gesellschafterstellung heraus - nicht befugt ist, die KG zu vertreten, was die gesonderte personenbezogene Erteilung einer Vertretungsvollmacht allerdings nicht ausschließt.
Rz. 18
Die zivilrechtlichen Rahmenbedingungen der Rechtsfähigkeit einer Personenvereinigung sind eigene Rechtsfähigkeit, eigenes Vermögen und gesetzliche Vertretung der Gesellschaft.
Das Vermögen der eGbR, der OHG, der KG und der PartG wird seit dem 1.1.2024 folgerichtig nicht mehr den Gesellschaftern zur gesamten Hand, sondern der Gesellschaft zugerechnet.
Rz. 19
Eine beispielhafte Zusammenstellung unter § 34 Abs. 1 S. 1 AO fallender Personenvereinigungen enthält § 14a Abs. 2 AO. Dazu zählen insbesondere Vereine ohne Rechtspersönlichkeit, rechtsfähige Personengesellschaften einschließlich Gesellschaften, Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften, Partenreedereien, Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen (EWiV) und Gemeinschaften der Wohnungseigentümer.
Rz. 20
Nichtrechtsfähige Personenvereinigungen unterfallen dagegen ausnahmslos der Regelung des § 34 Abs. 2 S. 1 AO.