2.1 Einspruchsführer
Rz. 4
Die Einspruchsbefugnis muss für den Einspruchsführer gegeben sein, also für denjenigen, in dessen Namen der Einspruch eingelegt worden ist. Die Beteiligung am Einspruchsverfahren durch Hinzuziehung nach § 360 AO seitens der Finanzbehörde setzt die Einspruchsbefugnis nicht voraus.
2.2 Begriffsinhalt
Rz. 5
Durch den angefochtenen Verwaltungsakt, der Gegenstand des Einspruchsverfahrens ist bzw. durch dessen Unterlassen muss der Einspruchsführer beschwert sein. § 350 AO verwendet hier einen prozessualen Rechtsbegriff. Eine Beschwer ist dann gegeben, wenn rechtlich geschützte Interessen des Einspruchsführers durch das Verhalten der Finanzbehörde beeinträchtigt werden. Hieraus folgt:
- Eine Rechtsverletzung durch einen möglicherweise rechtswidrigen Verwaltungsakt begründet stets eine Beschwer. Eine Rechtsverletzung liegt vor, wenn der angefochtene Verwaltungsakt objektiv nichtig oder rechtswidrig ist. Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn er inhaltlich fehlerhaft oder fehlerhaft ergangen ist. Fehlerhaft ist jeder belastende Verwaltungsakt, der keine gesetzliche Grundlage hat oder gegen Rechtsvorschriften verstößt.
- Verfahrensfehler hinsichtlich der Form des Verwaltungsakts und hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit für dessen Erlass begründen die Einspruchsbefugnis nur, wenn geltend gemacht wird, dass bei Beachtung der Vorschriften eine andere Sachentscheidung hätte getroffen werden können.
- Darüber hinaus hat der Beteiligte einen Rechtsanspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung, wenn der Finanzbehörde ein Ermessen i. S. v. § 5 AO eingeräumt ist. Eine Beschwer liegt demgemäß auch bei fehlerhafter Ermessensausübung vor. Nicht nur die Ermessensüberschreitung oder der Ermessensmissbrauch, die beide zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts führen würden, sondern auch die unzweckmäßige Ermessensausübung begründet die Einspruchsbefugnis. Es ist ausreichend, dass innerhalb der Ermessensgrenzen eine für den Einspruchsführer günstigere Entscheidung möglich wäre.
- Die Einspruchsbefugnis hinsichtlich einer finanzbehördlichen Ermessensentscheidung ist also weitergehend als die finanzgerichtliche Klagebefugnis nach § 40 Abs. 2 FGO i. V. m. § 102 FGO. Diese Erweiterung der Einspruchsbefugnis folgt zwangsläufig aus der Einheitlichkeit des Besteuerungsverfahrens und des Einspruchsverfahrens. Aufgrund des Einspruchs hat die Finanzbehörde über die Sache erneut zu entscheiden und ihr Ermessen erneut auszuüben.
- Darüber hinaus hat jeder Stpfl. einen Rechtsanspruch auf Gleichbehandlung in der Handhabung des Steuerrechts durch die Finanzbehörde. Verwaltungsanweisungen binden die Finanzbehörde in allen Anwendungsfällen. Die fehlerhafte Anwendung begründet damit eine Beschwer.
Rz. 5a
Eine Beschwer ist nur gegeben, wenn sich die Beeinträchtigung unmittelbar aus der behaupteten Verletzung der steuerrechtlichen Rechtsstellung ergibt. Die Beeinträchtigung muss "steuerlicher Natur" sein. Die Beeinträchtigung der zivilrechtlichen Situation, wirtschaftlicher Interessen oder sonstiger Interessen eröffnet regelmäßig die Einspruchsbefugnis nicht. Eine Beeinträchtigung der steuerlichen Rechte liegt nur dann vor, wenn die angeblich fehlerhaft angewandte Rechtsnorm zumindest auch die Interessen des einzelnen Stpfl. schützen soll.
2.3 Geltendmachung der Beschwer
Rz. 6
Die Einspruchsbefugnis nach § 350 AO erfordert, dass der Einspruchsführer die Beschwer durch den angefochtenen Verwaltungsakt bzw. dessen Unterlassung geltend macht. Dies ist die ausdrückliche oder konkludente Darlegung der die Beschwer begründenden Umstände.
Diese Darlegung der Beschwer nach § 350 AO ist nicht zu verwechseln mit der Begründung des Einspruchs nach § 357 Abs. 3 S. 3 AO. Zur Begründung des Einspruchs ist der Einspruchsführer nicht verpflichtet, da ...