3.1 Adressat des Verwaltungsakts
Rz. 9
Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nur den individuellen Rechtsschutz. Die Einspruchsbefugnis besteht nach § 350 AO nur für den Einspruchsführer, der durch den angefochtenen Verwaltungsakt selbst in einer Weise betroffen ist, die sich als Beeinträchtigung seiner eigenen Rechtsposition darstellt. Durch die Regelung werden demgemäß Einsprüche zugunsten der Allgemeinheit und grundsätzlich auch zugunsten Dritter ausgeschlossen.
Rz. 10
Einspruchsbefugt ist demgemäß grundsätzlich nur der Adressat des Verwaltungsakts, d. h. derjenige, für den der Verwaltungsakt seinem Inhalt nach bestimmt und dem er als Beteiligter bekannt gegeben worden ist.
Rz. 10a
Ergeht ein Verwaltungsakt an mehrere Adressaten, so ist grundsätzlich jeder Adressat selbstständig einspruchsbefugt. Dies gilt auch im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten. Es ist jeder Ehegatte selbstständig einspruchsbefugt. Hierbei kann jeder Ehegatte die Festsetzung mit verschiedenen Gründen angreifen. Eine Beschwer ist nicht nur dann gegeben, wenn geltend gemacht wird, dass der festgesetzte Steuerabzug unrichtig sei, sondern auch dann, wenn eine andere Zuordnung der Einkünfte begehrt wird.
Rz. 11
Dem gesetzlichen Vertreter des Beteiligten steht die Einspruchsbefugnis aufgrund seiner Rechtsstellung zu, da er die Rechte und Pflichten des Vertretenen kraft seiner Rechtsstellung nach § 34 Abs. 1 AO als eigene Rechte und Pflichten zu erfüllen hat und insoweit Stpfl. ist. Soweit mehrere Personen nur gemeinschaftlich vertretungsbefugt sind, sind sie auch nur gemeinsam einspruchsbefugt.
Rz. 11a
Einspruchsbefugt sind auch die Vermögensverwalter und Verfügungsberechtigten im Rahmen der §§ 34 Abs. 3, 35 AO.
Rz. 11b
Nicht Adressat des Verwaltungsakts ist der Bevollmächtigte, d. h. der gewillkürte Vertreter i. S. v. § 80 AO des Beteiligten, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben worden ist.
3.2 Beschwer durch den Verwaltungsakt
3.2.1 Existente Beschwer
Rz. 12
Der Einspruch ist nur statthaft, wenn die Finanzbehörde einen Verwaltungsakt erlassen bzw. den Rechtsschein eines wirksamen Verwaltungsakts gesetzt hat. Aus diesem Verwaltungsakt, der durch die Anfechtung Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden ist, muss sich die Beschwer ergeben.
Der Einspruch setzt eine bestehende Rechtsverletzung voraus, die zu einer aktuellen Belastung führt. Die Rechtswirkungen des Verwaltungsakts müssen aktuell noch existieren. Das Einspruchsverfahren dient nicht zur Klärung abstrakter Rechtsfragen. Die Finanzbehörde hat keine Gutachterfunktion hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit nicht mehr wirksamer Verwaltungsakte. Die Klärung der Frage, ob ein erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig war, kann im Ausnahmefall durch die an die Anfechtungsklage anschließende Fortsetzungsfeststellungsklage, ansonsten nur in einem Folgeverfahren, z. B. in einem Klageverfahren auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung, erreicht werden, bei dem die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts eine rechtliche Vorfrage der Entscheidung ist.
Rz. 12a
Der Regelungsinhalt des angefochtenen Verwaltungsakts darf also nicht durch Rücknahme, Aufhebung oder Widerruf oder durch Zeitablauf bzw. sonstige Erledigung vollständig wirkungslos geworden sein. Mit Eintritt der Wirkungslosigkeit entfällt von diesem Zeitpunkt an die Einspruchsbefugnis.
Rz. 13
Wird der mit dem Einspruch angefochtene Verwaltungsakt während des Einspruchsverfahrens inhaltlich geändert oder nach vollständiger Beseitigung durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt, so setzt sich das Einspruchsverfahren gem. § 365 Abs. 3 AO an dem geänderten oder ersetzenden Verwaltungsakt fort. Die Einspruchsbefugnis bestimmt sich demgemäß nach dem neuen Verwaltungsakt. Auch wenn die Finanzbehörde mit dieser Änderung oder Ersetzung den bisherigen Einwendungen abhelfen will, ist der Einspruchsführer, wenn er den Einspruch nicht zurücknimmt oder für erledigt erklärt, nicht gehindert, mit weiteren Einwendungen den Verwaltungsakt anzugreifen. Der Ei...