3.2.4.1 Allgemeines
Rz. 23
Grundsätzlich kann sich die Beschwer nur aus der Regelungsaussage des Verwaltungsakts ergeben. Die Begründung des Verwaltungsakts, zu der auch die inzident getroffene Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, d. h. nach der Legaldefinition des § 199 Abs. 1 AO der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Festsetzung der Steuer, deren Bemessung und Erhebung maßgebend sind, nach § 157 Abs. 2 AO gehört, begründet regelmäßig keine Beschwer. Die Entscheidungsgründe des Verwaltungsakts vermögen dagegen nur im Ausnahmefall eine Beschwer des Einspruchsführers zu begründen.
3.2.4.2 Bindungswirkung
Rz. 24
Aufgrund der von der Finanzbehörde angenommenen Besteuerungsgrundlagen kann sich eine Beschwer ergeben, wenn diese Annahme für andere Verwaltungsakte kraft Gesetzes bindende Wirkung hat.
- Klassifizierung von Einkünften im ESt- bzw. KSt-Bescheid als gewerbliche Einkünfte hat keine verbindliche Wirkung für die GewSt-Festsetzung.
- Zuordnung von Einkünften bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten bewirkt solange eine Beschwer des "belasteten" Ehegatten, als eine Aufteilung nach § 268 AO noch durchgeführt werden kann, da insoweit die Steuerfestsetzung verbindlich ist.
3.2.4.3 Gesonderte Feststellung
Rz. 25
Soweit abweichend von § 157 Abs. 2 AO einzelne Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt werden, hat diese Verfahrensteilung auch hinsichtlich der Beschwer Bedeutung. Hier ergibt sich die Sonderregelung des § 351 Abs. 2 AO, wonach Einwendungen nur gegen den jeweiligen Verwaltungsakt erhoben werden können. Für die Anfechtung des Folgebescheids kann sich aus dem Fehlen bzw. der Existenz des Grundlagenbescheids aber eine gesonderte Beschwer ergeben.
Hat die Finanzbehörde die Festsetzung nicht durchgeführt und hierbei unbeachtet gelassen, dass eine gesonderte Feststellung zu erfolgen hat, so begründet dieser Verfahrensfehler eine selbstständige Beschwer. Dies gilt auch, wenn die Frage, ob eine gesonderte Feststellung zu erfolgen hat, zweifelhaft ist.
Wird die gesonderte Feststellung nachgeholt, so greift nunmehr die Regelung des § 351 Abs. 2 AO ein, und die Einspruchsbefugnis hinsichtlich des Folgebescheids zu diesem Streitpunkt entfällt. Die Fortführung des Verfahrens ist zudem hinsichtlich des vorläufigen Rechtsschutzes nicht geboten, da nach § 361 Abs. 3 AO auch ohne Anhängigkeit des Einspruchs Aussetzung der Vollziehung gewährt werden kann.
Erlässt die Finanzbehörde den Folgebescheid vor dem Grundlagenbescheid, was gem. § 155 Abs. 2 AO zulässig ist, und unterlässt sie den Ansatz der erklärten gesondert festzustellenden Einkünfte oder schätzt sie diese abweichend, so wirkt sich dies auf die Regelungsaussage des Verwaltungsakts aus. Das Vorliegen der Beschwer ergibt sich aus der Belastung.