2.1 Beteiligtenstellung
Rz. 4
Die Stellung als Beteiligter i. S. v. § 359 AO ist eine rein verfahrensrechtliche Rechtsstellung. Sie bestimmt sich lediglich danach, wer den Einspruch eingelegt hat oder wer zum Verfahren hinzugezogen worden ist. Es kommt nicht darauf an, ob die Person, die den Einspruch eingelegt hat, dies zu Recht getan hat oder ob für den durch Verwaltungsakt Hinzugezogenen die Voraussetzungen für eine Hinzuziehung vorlagen.
Rz. 5
Die Stellung als Beteiligter im Einspruchsverfahren ist daher unabhängig von der Handlungsfähigkeit, also der Fähigkeit i. S. d. § 79 AO, Verfahrenshandlungen selbst vorzunehmen. Allerdings ist die Handlungsfähigkeit nach § 365 Abs. 1 AO i. V. m. § 79 AO Voraussetzung für die Zulässigkeit des Einspruchs. Fehlt dem Beteiligten die natürliche oder rechtliche Handlungsfähigkeit, etwa bei Minderjährigen, Betreuten, juristischen Personen und Personenvereinigungen, so müssen die gesetzlichen Vertreter oder Organe für ihn handeln. Durch einen handlungsunfähigen Beteiligten vorgenommene Verfahrenshandlungen sind unwirksam, nichtsdestotrotz sind sie von der Finanzbehörde zu bescheiden. Ein von einem Handlungsunfähigen eingelegter Einspruch ist daher nach § 358 S. 2 AO (gegenüber dem gesetzlichen Vertreter) als unzulässig zu verwerfen. Ungeachtet davon ist der Handlungsunfähige Beteiligter am Einspruchsverfahren.
Rz. 6
Die in § 359 AO geregelte Beteiligtenstellung im Einspruchsverfahren ist auch unabhängig von der Steuerrechtsfähigkeit, also der Fähigkeit i. S. d. § 33 AO, Träger materieller steuerlicher Rechte oder Pflichten zu sein. Der Träger materieller steuerlicher Rechte oder Pflichten ist nicht schon aufgrund dieser Rechtsstellung Beteiligter i. S. v. § 359 AO, sondern wird es allein dadurch, dass er als Einspruchsführer den Einspruch eingelegt hat oder als Hinzugezogener in das Einspruchsverfahren einbezogen wird. Umgekehrt wird die Beteiligtenstellung nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beteiligte tatsächlich nicht steuerrechtsfähig ist. Dies kann insb. der Fall sein, wenn jemand von der Finanzbehörde zu Unrecht als steuerrechtsfähig behandelt wird. So wird eine Personengesellschaft, die einen Einspruch gegen einen (z. B. unzutreffend an sie adressierten) Einkommensteuerbescheid einlegt, nach § 359 Nr. 1 AO Beteiligte in dem Einspruchsverfahren, auch wenn sie aufgrund des Transparenzprinzips nicht einkommensteuerrechtsfähig ist.
Rz. 7
Der Beteiligte am Einspruchsverfahren muss nicht zwingend nach § 78 AO Beteiligter im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren gewesen sein. In einem solchen Fall dürfte es dem Einspruchsführer aber regelmäßig an der Beschwer mangeln.
Rz. 8
Die Beschwer, also die Befugnis nach § 350 AO, einen Einspruch einzulegen, ist für die Stellung als Beteiligter im Einspruchsverfahren ebenfalls irrelevant. Ist der Einspruchsführer nicht beschwert, so wird er durch die Einspruchseinlegung ohne Weiteres Beteiligter des Einspruchsverfahrens, der Einspruch ist aber nach § 358 S. 2 AO als unzulässig zu verwerfen.
2.2 Einspruchsführer (Nr. 1)
Rz. 9
Nach § 359 Nr. 1 AO ist Beteiligter am finanzbehördlichen Einspruchsverfahren, wer den Einspruch eingelegt hat. Er wird vom Gesetz als Einspruchsführer bezeichnet. Es gehört nach § 357 Abs. 1 S. 2 AO zum notwendigen Inhalt eines Einspruchs, dass der Einspruchsführer eindeutig identifizierbar ist. Notfalls ist der Einspruchsführer durch Auslegung zu bestimmen. Die Bestimmung des Einspruchsführers ist daher regelmäßig unproblematisch, wenn dieser den Einspruch für sich selbst einlegt.
Rz. 10
Die gesetzliche Formulierung des § 359 Nr. 1 AO ist aber insofern missverständlich, als sie das Rechtsinstitut der Vertretung unberücksichtigt lässt.
Soweit ein Beteiligter nicht handlungsfähig ist, handelt für ihn der gesetzliche Vertreter. Im Übrigen kann sich der Einspruchsführer nach § 365 Abs. 1 AO i. V. m. § 80 AO durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Rechtsfolge der Vertretung ist, dass die Rechtswirkungen der Handlungen des Vertreters unmittelbar in der Person des Vertretenen eintreten.
Unter Berücksichtigung dieses Umstands ist Beteiligter und Einspruchsführer nicht derjenige, der den Einspruch einlegt, sondern vielmehr derjenige, für den der Einspruch eingelegt worden ist. Die tatsächliche Vornahme der Einlegung ist nicht entscheidend.
Der Vertreter wird daher nicht Beteiligter am Verwaltungsverfahren. Dies gilt selbst für den Vertreter ohne Vertretungsmacht, wenn z. B. die Vollmachtserteilung fehlerhaft gewesen ist. Auch eine irrtümliche oder angemaßte Annahme der Vertretungsmacht begründet keine Beteiligtenstellung des vermeintlichen Vertreters. Wird die ohne Vertretungsmacht erfolgte Vert...