1.4.1 Allgemeines
Rz. 6
§ 360 AO regelt die Voraussetzungen für die Hinzuziehung. Die Rechtswirkung der Hinzuziehung tritt auch dann ein, wenn ein Hinzuziehungsgrund tatsächlich nicht vorlag und in der finanzbehördlichen Hinzuziehungsanordnung nur fehlerhaft angenommen worden ist.
Rz. 6a
Das Steuergeheimnis steht einer Hinzuziehung nicht entgegen, da die Öffnung in dem gebotenen Umfang durch den Zweck der Hinzuziehung gerechtfertigt ist. Das Interesse des Einspruchsführers an der Geheimhaltung seiner steuerlichen Verhältnisse ist bei der einfachen Hinzuziehung im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen. Da der Einspruchsführer vor Erlass der Hinzuziehungsanordnung zu hören ist, kann er ggf. durch die Rücknahme des Einspruchs die Hinzuziehung und damit die Offenbarung verhindern.
1.4.2 Anhängigkeit des Einspruchsverfahrens
Rz. 6b
Die Hinzuziehung nach § 360 AO setzt die Anhängigkeit des Einspruchsverfahrens, also die Einlegung des Einspruchs, voraus. Sie ist zulässig bzw. notwendig bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens, durch den die Anhängigkeit entfällt.
Das Einspruchsverfahren wird einerseits durch die Rücknahme- bzw. Erledigungserklärung des Einspruchsführers, andererseits durch Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung bzw. des Abhilfebescheids abgeschlossen. Danach kommt eine Hinzuziehung durch die Finanzbehörde nicht mehr in Betracht.
Rz. 6c
Die Unzulässigkeit des Einspruchs schließt die Hinzuziehung nicht aus. Da aber die Rechtswirkungen der Hinzuziehung bei einer Verwerfung des Einspruchs als unzulässig nach § 358 AO nicht eintreten können, ist die Finanzbehörde hierzu bei einem offensichtlich unzulässigen Einspruch zur Hinzuziehung nicht verpflichtet.
Rz. 6d
Ebenso unerheblich sind für die Hinzuziehung die Erfolgsaussichten des Einspruchs.
1.4.3 Hinzuziehungsfähigkeit
Rz. 7
Der Hinzugezogene wird nach § 359 Nr. 2 AO durch die Hinzuziehung Beteiligter des Einspruchsverfahrens.
Die Hinzuziehung darf nur dann erfolgen, wenn der Hinzuzuziehende in diesem Verfahren nicht bereits Einspruchsführer i. S. v. § 359 Nr. 1 AO ist. Die Hinzuziehung ist nachzuholen, wenn diese Rechtsstellung nachträglich entfällt. Wird vom Hinzugezogenen nachträglich ein zulässiger Einspruch eingelegt, so ist die Hinzuziehung aufzuheben. Dies gilt auch, wenn mehrere Einsprüche miteinander verbunden werden.
Rz. 7a
Der Hinzuzuziehende muss beteiligtenfähig sein, als die Fähigkeit besitzen, im Verwaltungsverfahren Träger verfahrensrechtlicher Rechte und Pflichten zu sein.
1.4.4 Ausschluss der Hinzuziehung
Rz. 8
Die Hinzuziehung ist nicht erforderlich, wenn entspr. § 73 Abs. 2 FGO mehrere Einspruchsverfahren miteinander verbunden werden können.
Rz. 8a
Verwaltet die Finanzbehörde, die Trägerin des Einspruchsverfahrens ist, die Abgabe nur für einen anderen Abgabenberechtigten, so kann die Finanzbehörde den Abgabenberechtigten gemäß § 360 Abs. 2 AO nicht hinzuziehen. Dessen Interessen, wie auch die Interessen der übergeordneten Behörden, werden ausschließlich durch die Finanzbehörde selbst wahrgenommen, da anderenfalls das Verfahren unnötig belastet würde. Die Auseinandersetzung mit der abgabenberechtigten Körperschaft hat auf dem Dienstweg zu erfolgen. Die Beteiligung einer Gebietskörperschaft an einer Gesellschaft führt nicht dazu, dass das Land mittelbarer Schuldner der von der Gesellschaft zu entrichtenden Steuer ist, sodass eine Hinzuziehung nicht in Betracht kommt.
Rz. 9
Die Hinzuziehung von Feststellungsbeteiligten i. S. v. § 183 Abs. 1 AO darf nur erfolgen, soweit sie nach § 352 AO kraft eigenen Rechts einspruchsbefugt sind. Diese persönliche Beschränkung der Einspruchsbefugnis schränkt nach § 360 Abs. 3 S. 2 AO auch die Hinzuziehungsfähigkeit ein.