8.1 Anwendungsbereich und Zweck der Regelung
Rz. 40
§ 360 Abs. 5 AO regelt, entsprechend § 60a FGO, eine Besonderheit des Hinzuziehungsverfahrens im Fall der notwendigen Hinzuziehung. Das Hinzuziehungsverfahren kann bei einer Vielzahl von Beteiligten, denen gegenüber die Entscheidung nur einheitlich ergehen kann und deren Hinzuziehung damit notwendig und die Finanzbehörde hierzu verpflichtet ist, sehr arbeitsaufwendig sein und zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen. § 360 Abs. 5 AO eröffnet hier der Finanzbehörde die Möglichkeit, das Hinzuziehungsverfahren abzukürzen und zu straffen, indem es die Hinzuziehung nur auf Antragsteller beschränkt.
Rz. 41
Voraussetzung der Beschränkung der Hinzuziehung ist, dass mehr als 50 notwendig Hinzuzuziehende vorhanden sind. Die exakte Ermittlung der über diese 50 hinausgehenden Zahl ist nicht erforderlich. Die Finanzbehörde kann die Beschränkung vornehmen, ist jedoch hierzu nicht verpflichtet. Die Ermessensausübung muss die Einschränkung des verfassungsrechtlich geschützten Anspruchs auf rechtliches Gehör berücksichtigen. Dies ist abzuwägen gegen den Anspruch des Klägers auf Gewährung des Rechtsschutzes innerhalb angemessener Zeit. Die einmal getroffene Beschränkungsentscheidung bindet die Finanzbehörde nicht. Sie soll nach § 360 Abs. 5 S. 8 AO auch ohne Antrag Mitberechtigte hinzuziehen, wenn diese von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maß betroffen sind. Die Anwendung des § 360 Abs. 3 AO wird durch Abs. 5 nicht ausgeschlossen.
8.2 Beschränkungsentscheidung
Rz. 42
Die Entscheidung über die Beschränkung erfolgt durch Verwaltungsakt. Dieser kann in jedem Stadium des finanzbehördlichen Verfahrens ergehen.
Inhalt des Verwaltungsakts ist die Aussage, dass nur solche Mitberechtigte beigeladen werden, die ihre Hinzuziehung beantragen. Er muss außerdem aufzeigen, was für ein Verfahren unter welchem Aktenzeichen anhängig und warum die Hinzuziehung notwendig ist.
Der Verwaltungsakt bestimmt die Antragsfrist. Ausreichend ist die Bezeichnung des Zeitraums nach Erscheinen des Bundesanzeigers. Dieser hat nach § 360 Abs. 5 S. 5 AO mindestens drei Monate zu betragen.
Der Verwaltungsakt ist mit dem Einspruch anfechtbar. Im Hinblick auf den Zweck der Beschränkung ist der Einspruch eines Beteiligten mangels Beschwer nach § 350 AO unzulässig.
8.3 Bekanntgabe
Rz. 43
Die Bekanntgabe des Verwaltungsakts hat im Bundesanzeiger und in mindestens zwei Tageszeitungen zu erfolgen.
Die Finanzbehörde bestimmt nach den Umständen des Einzelfalls, durch welche Tageszeitungen die Betroffenen am besten erreicht werden können. Sie hat solche Tageszeitungen zu wählen, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Im Zweifel dürften überregionale Zeitungen angebracht sein. Bei der Veröffentlichung in den Tageszeitungen ist nach § 360 Abs. 5 S. 6 AO der Tag des Fristablaufs zu bezeichnen.
8.4 Wirkung
Rz. 44
Nach Bekanntgabe der Beschränkungsentscheidung muss die Finanzbehörde diejenigen Mitberechtigten hinzuziehen, die innerhalb der Antragsfrist begründet ihre Hinzuziehung beantragen. Die Finanzbehörde ist allerdings an einer Hinzuziehung ohne Antragstellung nicht gehindert.
Rz. 45
Mitberechtigte, die keinen Antrag auf Hinzuziehung stellen und von der Finanzbehörde auch nicht von Amts wegen hinzugezogen werden, werden als Verfahrensbeteiligte ausgeschlossen. Gleichwohl wirkt die Bestandskraft der Einspruchsentscheidung auch ihnen gegenüber. Durch die finanzbehördliche Beschränkungsentscheidung wird insoweit die Rechtsstellung eines Hinzugezogenen fingiert. Bei einer abhelfenden Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts außerhalb der Einspruchsentscheidung soll diese Wirkung nicht eintreten, sodass nach dieser Auffassung der Finanzbehörde nur geraten werden kann, dem Einspruch abhelfende Änderungen ausschließlich in der Einspruchsentscheidung vorzunehmen.
8.5 Hinzuziehungsantrag
Rz. 46
Der Antrag des Mitberechtigten bei der zuständigen Finanzbehörde auf Hinzuziehung nach der finanzbehördlichen Beschränkungsentscheidung ist eine Verfahrenshandlung, die die Hinzuziehungspflicht bewirkt, sofern der Antrag zulässig und begründet ist. Er ist wie die Einlegung eines Einspruchs entsprechend § 357 AO aus Gründen der Rechtssicherheit schriftlich oder zu Protokoll der Finanzbehörde zu stellen.
Rz. 47
Der Antrag muss innerhalb der Antragsfrist bei der Finanzbehörde eingegangen sein. Für die Berechnung der Antragsfrist gilt § 108 AO.
Die Fristversäumnis kann nach § 360 Abs. 5 ...