Rz. 1

§ 362 AO regelt die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen der Rücknahme eines Einspruchs sowie die Geltendmachung seiner Unwirksamkeit.

Abs. 1 S. 1 bestimmt, dass die Rücknahme des Einspruchs nur bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch durch die Finanzbehörde erfolgen kann. Durch Verweis auf die Vorschriften über die Einlegung des Einspruchs in § 357 Abs. 1 und 2 AO werden Inhalt, Form und Adressat der Rücknahme geregelt.

Abs. 1a erlaubt eine inhaltliche Beschränkung der Einspruchsrücknahme im Hinblick auf ein Verständigungs- und Schiedsverfahren nach einem zwischenstaatlichen Vertrag.

Abs. 2 nennt in S. 1 den Verlust des eingelegten Einspruchs als Folge der Einspruchsrücknahme und in S. 2 die Frist, binnen derer eine Unwirksamkeit der Rücknahme geltend gemacht werden muss.

 

Rz. 2

Die Einspruchsrücknahme ist eine Möglichkeit für den Einspruchsführer zur Beendigung des anhängigen Einspruchsverfahrens. Dem Einspruchsführer steht es im Rahmen seiner Dispositionsbefugnis frei, in jedem Stadium des – anhängigen – Einspruchsverfahrens von dessen weiterer Durchführung Abstand zu nehmen. Die Rücknahme kann also nach der Einlegung des Einspruchs bis zu einer Entscheidung über den Einspruch durch die Finanzbehörde erfolgen. Sie kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Einspruchsführer nicht mehr von einem Erfolg seines Einspruchs überzeugt ist oder er aus anderen Gründen sein Interesse an der Fortführung des Einspruchsverfahrens verloren hat.[1] Die Rücknahme hat dann den Zweck, überflüssige Einspruchsentscheidungen zu vermeiden.[2] Zum anderen kann der Einspruchsführer mit der Rücknahme des Einspruchs einer "Verböserung" zuvorkommen, wenn die Finanzbehörde ihm nach § 367 Abs. 2 S. 2 AO eine für ihn rechtlich nachteilige Entscheidung angekündigt hat.[3] Durch die Einspruchsrücknahme in einem solchen Fall verstößt der Einspruchsführer nicht gegen Treu und Glauben.[4] Die Rücknahme führt nur zum Verlust des "eingelegten" Einspruchs, steht aber der erneuten Einlegung eines Einspruchs nicht entgegen, solange die Einspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist.

 

Rz. 3

Ein eingelegter Einspruch kann grds. nur im Ganzen zurückgenommen werden. Bezieht sich ein Einspruch jedoch auf Besteuerungsgrundlagen, die Gegenstand eines Verständigungs- oder Schlichtungsverfahrens nach einem DBA oder einem anderen zwischenstaatlichen Vertrag sind, ermöglicht § 362 Abs. 1a AO eine auf diese Besteuerungsgrundlagen beschränkte Teilrücknahme, um zu vermeiden, dass die Wirksamkeit der im Rahmen dieses Verfahrens getroffenen Vereinbarung verzögert wird.[5]

[1] Hardtke, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 362 AO Rz. 1.
[5] BT-Drs. 12/5630, 105.

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