2.1 Pflicht der Finanzbehörde
Rz. 3
§ 364 AO begründet für die Finanzbehörde die Rechtspflicht zur Mitteilung der Besteuerungsunterlagen bzw. zur Ergänzung der Mitteilung, wenn die "Unterlagen der Besteuerung" im Verfahren bei Erlass des Verwaltungsakts dem Beteiligten noch nicht vollständig mitgeteilt worden sind. Die Behörde muss die Pflicht gegenüber jedem Beteiligten grds. nur einmal erfüllen. Ein Beraterwechsel begründet allerdings regelmäßig eine erneute Mitteilungspflicht. Die Rechtspflicht zur Mitteilung der Besteuerungsunterlagen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Behörde Akteneinsicht anbietet. Die Rechtspflicht zur Mitteilung der Besteuerungsunterlagen wird auch nicht durch ein anhängiges Steuerstrafverfahren hinsichtlich des im Bescheid geregelten Anspruchs ausgeschlossen, wenn dort die Akteneinsicht nach § 147 Abs. 1 StPO versagt worden ist. Nach § 393 Abs. 1 AO bestimmen sich die Rechte im Besteuerungsverfahren nach der AO unabhängig von den Regularien des Strafverfahrens.
2.2 Berechtigte
Rz. 4
Ein Informationsrecht besteht nur für Beteiligte i. S. v. § 359 AO, also für den Einspruchsführer und die Hinzugezogenen. Diesen dürfen die "Unterlagen der Besteuerung" für den angefochtenen Verwaltungsakt nicht bekannt sein. Hierbei ist jeder einzelne Beteiligte für sich zu betrachten.
2.3 Unterlagen der Besteuerung
Rz. 5
"Unterlagen der Besteuerung" i. S. v. § 364 AO sind alle Erkenntnisse und Feststellungen der Finanzbehörde über die Besteuerungsgrundlagen i. S. v. § 199 Abs. 1 AO, d. h. über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und die Bemessung der "Steuer" maßgebend sind. § 364 AO gilt für alle Einspruchsverfahren, also nicht nur, soweit sie sich unmittelbar auf Steuern beziehen, sondern auch für solche, die sonstige Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen.
"Unterlagen der Besteuerung" i. d. S. sind alle entscheidungserheblichen Sachverhalte, Beweismittel und Beweisergebnisse im weitesten Sinn, die für die Sachentscheidung der Finanzbehörde im Einspruchsverfahren von Bedeutung sein können. Hierzu gehören z. B. Gutachten, Zeugenaussagen, Urkunden, Kontrollmitteilungen, Schätzungs- oder Bewertungsunterlagen sowie Berechnungsgrundlagen.
Rz. 6
Das Informationsrecht des Beteiligten findet seine Grenze am Steuergeheimnis. Mitzuteilen sind nur Unterlagen des jeweiligen Verfahrens. Die Finanzbehörde ist nach § 364 AO nicht befugt und nicht verpflichtet, Verhältnisse Dritter zu offenbaren. Allerdings sind bei der Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners diesem die die Ausübung des Auswahlermessens der Finanzbehörde betreffenden Unterlagen des Abgabenschuldners oder anderer Haftender bekannt zu geben. Das Steuergeheimnis wird insoweit nicht verletzt, auch wenn dadurch fremde steuerliche Verhältnisse offenbart werden müssen.
2.4 Mitteilung
Rz. 7
Die Finanzbehörde ist nach § 364 AO zur Mitteilung der Unterlagen verpflichtet, wobei sie die ihr unter Beachtung des Normzwecks geeignet erscheinende Informationsart wählen kann. I. d. R. wird hier die Mitteilung in Schriftform geeignet und erforderlich sein.
2.5 Antrag – von Amts wegen
Rz. 8
Die Mitteilung durch die Finanzbehörde hat auf Antrag der Beteiligten stets zu erfolgen.
Nach § 364 AO hat die Finanzbehörde die erforderliche Information von Amts wegen vorzunehmen, wenn die Einspruchsbegründung hierzu Anlass gibt, wenn also z. B. ein Sachverhaltsirrtum erkennbar wird oder aber die Information im Verwaltungsverfahren zum Erlass des angefochtenen Verwaltungsakts entgegen § 91 AO unterblieben ist.
2.6 Verletzung der Mitteilungspflicht
2.6.1 Allgemeines
Rz. 9
Die Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 364 AO ist im Hinblick auf das Grundrecht auf rechtliches Gehör zwar ein sehr schwerwiegender Verfahrensfehler, dieser hat aber auf die rechtliche Wirksamkeit einer erlassenen Einspruchsentscheidung keinen Einfluss. Insbesondere wird sie deshalb nicht nichtig.
Die unterlassene Mitteilung der Besteuerungsunterlagen in einem Steuerbescheid hat zur Folge, dass allein aus diesem Grund eine Aussetzung der Vollziehung gerechtfertigt ist. Die unterlassene und nicht nachgeholte Mitteilung der Besteuerungsunterlagen kann nach § 100 Abs. 3 FGO die isolierte Aufhebung d...