2.4.1 Bestimmung der Fristdauer
Rz. 52
§ 364b AO schreibt keine bestimmte Dauer der Frist vor. Auch von der Festlegung einer Mindestfrist hat der Gesetzgeber bewusst Abstand genommen, um es der Finanzbehörde zu ermöglichen, eine "entsprechend angemessene" Frist zu setzen.
Rz. 53
Damit liegt auch die Bestimmung der Fristdauer im Ermessen der Finanzbehörde. Die Finanzbehörde hat sich bei ihrer Entscheidung an den Umständen des konkreten Einzelfalls zu orientieren und diese sämtlich zu würdigen. Bei der Bemessung der Fristdauer ist der erforderliche Zeitaufwand zugrunde zu legen, den der Einspruchsführer haben dürfte, um die angeforderte Mitwirkungshandlung vorzunehmen. Dabei sind insbesondere der Umfang der Mitwirkungshandlung und die Schwierigkeit, sie zu erfüllen, zu berücksichtigen.
In der Literatur wird eine Frist von weniger als einem Monat regelmäßig als unangemessen angesehen. Die – nicht sehr zahlreiche – Rechtsprechung hat kürzere Fristen ebenfalls als zu kurz und damit als rechtswidrig angesehen. Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung schreibt der Finanzverwaltung vor, dass die Frist "mindestens einen Monat" betragen "soll".
Eine kürzere Frist wird regelmäßig auch nicht erforderlich sein. Allerdings kann Seer und Bartone darin gefolgt werden, dass nach den Umständen des Einzelfalls auch eine Frist von weniger als einem Monat angemessen sein kann, etwa wenn der Einsprüchsführer bereits wiederholt zu der gleichen Mitwirkungshandlung aufgefordert worden ist und in keiner Weise reagiert hat.
Rz. 54
Für die einzelnen Mitwirkungshandlungen können unterschiedliche Fristen gesetzt werden.
Rz. 55–57 einstweilen frei
2.4.2 Fristverlängerung
Rz. 58
Ob die nach § 364b AO von der Finanzbehörde gesetzte Frist verlängert werden kann, ist umstritten.
Teilweise wird dies verneint, weil § 364b Abs. 2 Satz 3 AO bei einer Fristversäumnis ausdrücklich die Regelungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO für anwendbar erklärt, die eigentlich nur für gesetzliche Fristen gelten. Hierdurch sei die behördliche Frist des § 364b AO wie eine gesetzliche Frist zu behandeln. Eine Verlängerung sei nach § 109 Abs. 1 AO aber nur für behördliche Fristen vorgesehen. Auch die etwas missverständliche Gesetzesbegründung scheint für diese Auffassung zu sprechen. Denn danach soll die Anwendung des § 109 AO durch die in § 364b Abs. 2 Satz 3 AO angeordnete sinngemäße Anwendbarkeit der Vorschrift des § 110 AO über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen sein.
In der Gesetzesbegründung heißt es aber, dass die Vorschrift des § 110 AO über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand deshalb für sinngemäß anwendbar erklärt wird, "um unbillige Rechtsfolgen bei einer unverschuldeten Fristversäumung zu vermeiden". Wird aber vor Ablauf der Frist deren Verlängerung beantragt und gewährt, kommt es erst gar nicht zu einer Fristversäumung. Die weit h. M. bejaht daher zu Recht die Möglichkeit der Fristverlängerung.
Bei der Frist nach § 364b AO handelt es sich um eine Frist, die "von einer Finanzbehörde gesetzt" wird, sodass § 109 Abs. 1 Satz 1 AO (i. V. m. § 365 Abs. 1 AO) zur Anwendung kommt.
Allerdings ist die Frist nur verlängerbar, wenn der entsprechende Antrag vor Fristablauf gestellt worden ist.
Rz. 59
Nach Ablauf der Frist ist nach § 364 Abs. 2 Satz 3 AO nur noch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO möglich (s. Rz. 98). § 109 Abs. 1 Satz 2 AO, der eine rückwirkende Fristverlängerung zulässt, wenn eine Frist bereits abgelaufen ist und es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen, ist in diesem Fall nicht anwendbar. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist aber in Betracht zu ziehen, wenn die Fristverlängerung zwar vor Fristablauf beantragt, aber erst nach Fristablauf gewährt worden ist.
Rz. 60–63 einstweilen frei