3.1 Vorbemerkungen
Rz. 85
Die Rechtsfolgen der Fristsetzung für das Einspruchsverfahren sind in § 364b Abs. 2 AO genannt. Danach dürfen nach Ablauf der Frist vorgebrachte Erklärungen und Beweismittel von der Finanzbehörde nicht mehr berücksichtigt werden, es sei denn, die Voraussetzungen des § 367 Abs 2 Satz 2 AO für eine Änderung zum Nachteil des Klägers oder nach § 110 AO für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen vor.
Außerhalb des Einspruchsverfahrens wirkt sich die Ausschlusswirkung der Fristsetzung ausdrücklich nur nach § 172 Abs. 1 Satz 3, 2. Halbsatz AO für Anträge auf schlichte Änderung nach Ergehen der Einspruchsentscheidung aus.
In einem finanzgerichtlichen Verfahren ermächtigt § 76 Abs. 3 FGO das Gericht dazu, die nach Ablauf der Frist vorgebrachten Erklärungen und Beweismittel zurückzuweisen, wenn ihre Berücksichtigung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde.
3.2 Ausschlusswirkung (Abs. 2 Satz 1)
Rz. 86
Nach § 364 Abs. 2 Satz 1 AO sind Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der nach § 364b Abs. 1 AO gesetzten Frist vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen. Erfüllt der Einspruchsführer somit die von ihm angeforderten Mitwirkungshandlungen nicht innerhalb der Frist, sind die verspätet vorgebrachten Erklärungen und Beweismittel von der Finanzbehörde bei der Entscheidung über den Einspruch zwingend unberücksichtigt zu lassen. Diese Rechtsfolge tritt kraft Gesetzes ein, die Finanzbehörde hat insoweit kein Ermessen. Die Ausschlusswirkung gilt sowohl für den Fall der förmlichen Einspruchsentscheidung nach § 367 Abs. 2 Satz 1 AO als auch für die (Teil-)Abhilfe durch die Finanzbehörde nach § 367 Abs. 2 Satz 3 AO.
Rz. 87
Von der Ausschlusswirkung werden nur Erklärungen und Beweismittel erfasst, die im Rahmen der Fristsetzung durch die Finanzbehörde bezeichnet wurden.
Rz. 88
Die Finanzbehörde ist trotz der Ausschlusswirkung weiterhin nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO verpflichtet "die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen". Nur hinsichtlich der ausgeschlossenen Erklärungen und Beweismittel ist ihre Ermittlungspflicht eingeschränkt.
Rz. 89–92 einstweilen frei
3.3 Verböserung (Abs. 2 Satz 2)
Rz. 93
Nach § 364b Abs. 2 Satz 2 AO bleibt § 367 Abs. 2 Satz 2 AO unberührt. Danach kann der Verwaltungsakt auch zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden, wenn dieser auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sich hierzu zu äußern.
Die Ausschlusswirkung des § 364b Abs. 2 Satz 1 AO tritt also im Fall einer Verböserung nicht ein. Erklärungen und Beweismittel können damit zu Lasten des Einspruchsführers berücksichtigt werden, auch wenn sie erst nach Ablauf der nach § 364b Abs. 1 AO gesetzten Frist vorgebracht werden.
Rz. 94
Vor der Verböserung muss der Einspruchsführer angehört werden. Dieser kann die Verböserung ggf. durch die Rücknahme seines Einspruchs verhindern.
Rz. 95–97 einstweilen frei
3.4 Unverschuldete Fristversäumnis (Abs. 2 Satz 3)
Rz. 98
Nach § 364b Abs. 2 S. 3 AO gilt bei Überschreitung der Frist § 110 AO entsprechend.
War also der Einspruchsführer ohne Verschulden verhindert, die gesetzte Ausschlussfrist einzuhalten, so ist ihm danach – obwohl es sich um eine behördliche und nicht wie in § 110 Abs. 1 Satz 1 AO gefordert um eine gesetzliche Frist handelt – auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden seines Vertreters ist dem Einspruchsführer nach § 110 Abs. 1 Satz 2 AO zuzurechnen.
Der Antrag ist nach § 110 Abs. 2 AO innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. In dem gleichen Zeitraum ist die versäumte Handlung nachzuholen. Die Tatsachen, die das Versäumnis entschuldigen, sind mit Antragstellung glaubhaft zu machen.
Über den Antrag auf Wiedereinsetzung wird kein gesondertes Verfahren geführt, sondern in der Entscheidung über den Einspruch wird auch über die Verwendbarkeit der Erklärungen oder Beweismittel entschieden.
Rz. 99–100 einstweilen frei
3.5 Folgen außerhalb des Einspruchsverfahrens
Rz. 101
Begehrt der Stpfl. nach dem Abschluss des Einspruchsverfahrens eine Aufhebung oder Änderung eines angefochtenen Steuerbescheids aufgrund von Tatsachen oder Beweismitteln, die zuvor nicht innerhalb der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 AO gesetzten Ausschlussfrist vorgebracht worden sind, stellt sich die Frag...