Rz. 42

Nach § 366 AO ist die Einspruchsentscheidung "schriftlich oder elektronisch zu erteilen".

Die Vorschrift stellt eine Spezialregelung zu § 119 Abs. 2 S. 1 AO dar, wonach steuerliche Verwaltungsakte "schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise" erlassen werden können.[1] Eine nur mündlich oder stillschweigend erteilte Einspruchsentscheidung ist daher unwirksam, sie erzeugt also keine Rechtswirkung und kann allenfalls als behördliche Meinungsäußerung angesehen werden.[2]

 

Rz. 43

Lautete die bisherige Gesetzesfassung des § 366 AO "Die Einspruchsentscheidung ist schriftlich zu erteilen … und den Beteiligten bekanntzugeben", beschränkt sich der Wortlaut der Vorschrift nunmehr nur noch darauf, dass die Einspruchsentscheidung "den Beteiligten schriftlich oder elektronisch zu erteilen" ist. Der Gesetzgeber dürfte nunmehr vollständig auf die ausdrückliche Anordnung der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung verzichtet haben, weil sie bereits über § 365 Abs. 1 AO i. V. m. § 122 AO und § 122a AO[3] für sie bestimmt ist.[4]

Mit der Formulierung "schriftlich erteilen" hat der Gesetzgeber ursprünglich nur das Wortpaar "schriftlich abfassen" ersetzt und damit klarstellen wollen, dass sich die Formvorschrift nur auf die an die Beteiligten bekannt zu gebende Ausfertigung der Einspruchsentscheidung bezieht, nicht aber auf das bei der Finanzbehörde verbleibende Aktenexemplar.[5] Es ist also nicht erforderlich, dass die Finanzbehörde die Einspruchsentscheidung in Schriftform erstellt und als Papierstück aufbewahrt. Sie kann sie vielmehr auch als elektronisches Dokument in einer elektronischen Akte in Form einer Datei speichern. Insoweit stellt die Erteilung eine besondere Form der Bekanntgabe dar.

Rz. 44–46 einstweilen frei

 

Rz. 47

Schriftform bedeutet weiterhin, dass der gesamte Inhalt der Einspruchsentscheidung in einem Schriftstück dargestellt und bekannt gegeben sein muss.[6] Die Schriftlichkeit soll gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Außerdem muss feststehen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen der Finanzbehörde an den Beteiligten zugeleitet worden ist.[7]

Die Einspruchsentscheidung als Schriftstück kann im Wege der einfachen Bekanntgabe nach § 122 Abs. 1 und 2 AO erteilt werden.[8] Dabei gilt die widerlegbare Vermutung, dass der Verwaltungsakt am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gilt.

Die ursprünglich in § 366 AO vorgesehene Verpflichtung, die Einspruchsentscheidung im Wege der Zustellung bekanntzugeben, ist seit 1992 abgeschafft (s. Rz. 3). Ungeachtet dessen kann die Finanzbehörde die Bekanntgabe nach § 122 Abs. 5 S. 1 AO durch Zustellung der Einspruchsentscheidung als Schriftstück nach den Bestimmungen des VwZG vornehmen, wenn sie es z. B. aus Beweissicherungsgründen für geboten erachtet.[9]

Die Finanzbehörde kann die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung als Schriftstück aber auch in anderer Form vornehmen, etwa durch eigenen Boten oder durch Übergabe an Amtsstelle.[10]

Wie bisher wird die gesetzlich gebotene Form auch durch Übersendung per Telefax[11] oder Computerfax[12] gewahrt. Die auf diesem Wege übersandten Einspruchsentscheidungen sind aber erst mit ihrem Ausdruck durch das – auf automatischen Ausdruck eingestellte – Empfangsgerät wirksam "schriftlich erteilt".[13] Hat das Empfangsgerät nach dem unwiderleglichen Vortrag des Adressaten den Verwaltungsakt nicht ausgedruckt, gehen die sich daraus ergebenden Zweifel an der wirksamen Bekanntgabe zulasten der Finanzbehörde.[14] Da es sich bei per Fax übermittelten Einspruchsentscheidungen nicht um elektronische Dokumente i. S. d. § 87a AO handelt[15], führt ihre elektronische Speicherung durch das Empfangsgerät nicht dazu, dass sie "elektronisch erteilt" wurden.

Rz. 48–49 einstweilen frei

 

Rz. 50

Die elektronische Erteilung von Einspruchsentscheidungen setzt nach § 87a Abs. 1 S. 1 AO voraus, dass der jeweilige Beteiligte oder sein Bevollmächtigter hierfür einen Zugang eröffnet hat. Für die Übermittlung ist nach § 87a Abs. 7 AO ein sicheres Verfahren zu verwenden, das die übermittelnde Stelle oder Einrichtung der Finanzverwaltung authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet.[16] Die derart übermittelte Einspruchsentscheidung gilt nach § 122 Abs. 2a AO am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn sie nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

 

Rz. 51

Alternativ kann die Einspruchsentscheidung nach § 122a Abs. 1 AO zum Datenabruf durch Datenfernübertragung bereitgestellt werden, wenn der Beteiligte oder die von ihm bevollmächtigte Person einwilligt.[17] Auch hierfür ist[18] ein sicheres Verfahren zu verwenden, das die für die Datenbereitstellung verantwortlich...

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