Rz. 30
Nach § 367 Abs. 2 S. 2 AO setzt die Verböserung i. d. S. voraus, dass die Finanzbehörde den Einspruchsführer auf Absicht der Verböserung unter Angabe von Gründen hinweist und ihm Gelegenheit gibt, sich hierzu zu äußern.
Rz. 30a
Diese Hinweis- und Begründungspflicht nach § 367 Abs. 2 S. 2 AO ist zwingend vorgeschrieben. Diese Pflicht resultiert letztlich aus dem Rechtsanspruch auf rechtliches Gehör. Sie ist als zusätzliche Voraussetzung einer Verböserung, also einer Entscheidung zum Nachteil des Einspruchsführers, gestaltet. Zweck des Hinweises auf eine drohende Verböserung ist es, dem Stpfl. die Möglichkeit zur Stellungnahme und zur Rücknahme seines Einspruchs zu geben. Der Einspruchsführer muss durch den Hinweis und die Begründung in die Lage versetzt werden, die Rechtsansicht der Finanzbehörde und die Wirkungen der angekündigten Entscheidung nachprüfen zu können, um seine Entscheidung über den weiteren Verfahrensablauf treffen zu können.
Rz. 30b
Ausnahmsweise ist das Unterlassen des Hinweises auf die beabsichtigte Verböserung nach § 367 Abs. 2 S. 2 AO unschädlich, wenn der angefochtene Verwaltungsakt auch nach der zum Verlust der Nachprüfungsbefugnis führenden Rücknahme des Einspruchs nach den allgemeinen Korrekturbestimmungen zum Nachteil des Einspruchsführers geändert werden kann.
Rz. 30c
Die Verletzung der Hinweis- und Begründungspflicht durch die Finanzbehörde, wenn sie den vorgeschriebenen Hinweis unterlässt oder der Hinweis nicht den gesetzlichen Erfordernissen genügt, macht die Einspruchsentscheidung rechtswidrig. Die Verletzung der Pflicht durch die Finanzbehörde stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der im Klageverfahren grundsätzlich die isolierte Anfechtbarkeit der Einspruchsentscheidung eröffnet.
Das FG hat den Betroffenen aufgrund dieses Verfahrensmangels so zu stellen, dass er durch das finanzbehördliche Verhalten keinen Schaden erleidet und in die Lage zurückversetzt wird, in der er sich ohne den Verfahrensmangel befinden würde. Grundsätzlich ist die Einspruchsentscheidung durch das FG aufzuheben, sodass das Einspruchsverfahren wieder anhängig wird. Zweck des Hinweises auf eine drohende Verböserung ist es indes, dem Stpfl. die Möglichkeit zur Stellungnahme und zur Zurücknahme seines Einspruchs zu geben. Wenn aber der Kläger in seinem Klagebegehren über die Aufhebung der Einspruchsentscheidung hinaus sonstige materiell-rechtliche Einwendungen gegen den angefochtenen Verwaltungsakt erhebt und z. B. die Herabsetzung der Steuer beantragt, so ist der Verfahrensmangel der Finanzbehörde unbeachtlich, das FG hat vielmehr über den weitergehenden Klageantrag zu entscheiden.
Eine isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung scheidet auch dann aus, wenn diese neben der Entscheidung über die Verböserung eine Auseinandersetzung mit den materiellen Einwendungen gegen den angefochtenen Verwaltungsakt enthält und diese Einwendungen als unbegründet zurückgewiesen werden. Ist diese Zurückweisung zutreffend, so beseitigt das FG nur die Verböserung und weist im Übrigen die Klage als unbegründet zurück und lässt damit die Einspruchsentscheidung als selbstständigen Verwaltungsakt bestehen.