4.2.1 Grundlage
Rz. 40
Nach § 367 Abs. 2 S. 3 AO bedarf es insoweit keiner förmlichen Einspruchsentscheidung, als die Finanzbehörde dem Einspruch abhilft. Die Abhilfe erfolgt durch inhaltlich günstigere Neuregelung des Steuerpflichtverhältnisses, die in einem neuen abhelfenden Verwaltungsakt getroffen wird. An diesen Abhilfebescheid werden nicht die inhaltlichen oder förmlichen Anforderungen des § 366 AO gestellt, sondern es gelten die in §§ 119ff. AO getroffenen allgemeinen Regelungen. Die durch den Abhilfebescheid getroffene inhaltliche Regelung ist ggf. durch Auslegung zu ermitteln.
Rz. 41
Stellt die entscheidende Finanzbehörde im Rahmen der ihr aufgrund des zulässigen Einspruchs obliegenden sachlichen Prüfungspflicht die Korrekturbedürftigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts zugunsten des Einspruchsführers fest, so kann sie dessen Regelungsinhalt modifizieren oder beseitigen. Die Finanzbehörde hat das freie Wahlrecht, ob sie diese neue Regelung in einer formellen Einspruchsentscheidung oder in einem nur den Formbestimmungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrens entsprechenden abhelfenden Verwaltungsakt treffen will.
Rz. 42
Der abhelfende Verwaltungsakt hat aber nicht in allen Fällen auch eine das Einspruchsverfahren abschließende Wirkung, die das Erfordernis einer förmlichen Einspruchsentscheidung entfallen lässt.
4.2.2 Abschlusswirkung der Abhilfe
4.2.2.1 Ersatzlose vollständige Aufhebung, Rücknahme, Widerruf
Rz. 43
Das Einspruchsverfahren wird durch den Verfahrensgegenstand bestimmt. Dies ist im Einspruchsverfahren der angefochtene Verwaltungsakt.
Das finanzbehördliche Einspruchsverfahren findet seinen Abschluss durch Erledigung seitens der Finanzbehörde, ohne dass eine förmliche Einspruchsentscheidung erforderlich ist, wenn die Rechtswirkungen des angefochtenen Verwaltungsakts aufgrund des materiell abhelfenden Verwaltungsakts entfallen sind. Die Erledigung tritt unabhängig davon ein, ob eine materielle Abhilfe im Einspruchsverfahren erfolgt oder die Rechtswirkungen des angefochtenen Verwaltungsakts durch eine Korrektur nach den allgemeinen Korrekturbestimmungen entfallen . Nach § 365 Abs. 1 AO i. V. m. § 124 Abs. 2 AO entfallen die Rechtswirkungen eines Verwaltungsakts, sobald und soweit der Verwaltungsakt vollständig zurückgenommen, widerrufen oder aufgehoben wird. Hiermit ist auch das Einspruchsverfahren erledigt und abgeschlossen. Einer Einspruchsentscheidung bedarf es nach § 367 Abs. 2 S. 3 AO dann nicht, wenn die Finanzbehörde im abhelfenden Verwaltungsakt ausdrücklich die ersatzlose Beseitigung der Rechtswirkungen des angefochtenen Verwaltungsakts regelt.
Rz. 44
Der Fortfall der Rechtswirkungen des angefochtenen Verwaltungsakts allein beendet das Einspruchsverfahren gemäß § 365 Abs. 3 AO aber nur dann, wenn der angefochtene Verwaltungsakt nicht zugleich oder später durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt wird. Nach § 365 Abs. 3 AO wird kraft Gesetzes ein nach Einspruchseinlegung erlassener Verwaltungsakt, der den angefochtenen, aber zwischenzeitlich vollständig aufgehobenen, zurückgenommenen oder widerrufenen Verwaltungsakt ersetzt, Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Ein ersetzender Verwaltungsakt i. d. S. liegt vor, wenn dieselbe Finanzbehörde in demselben Steuerpflichtverhältnis hinsichtlich derselben Besteuerungsgrundlagen eine erneute, nicht mehr wirksame Regelung mit gleichem oder modifiziertem Inhalt wiederholt. In diesem Fall tritt der neue Verwaltungsakt in das Einspruchsverfahren ein, ohne dass der ersetzende Verwaltungsakt durch den Einspruchsführer erneut angefochten werden muss. Eine gleichwohl vorgenommene und zur Klarstellung des Meinungsbilds des Einspruchsführers anzuratende erneute Einspruchseinlegung hat als Wiederholung keine verfahrensrechtliche Bedeutung.
4.2.2.2 Inhaltliche Modifizierung des angefochtenen Verwaltungsakts
Rz. 45
Auch die inhaltliche Modifizierung des angefochtenen Verwaltungsakts durch einen Abhilfebescheid im materiell-rechtlichen Sinn hat eine verfahrensbeendende Wirkung, wenn dem Rechtsschutzbegehren inhaltlich vollen Umfangs entsprochen wird. Hierbei ist es unerheblich, ob dieser Abhilfebescheid aufgrund der Abhilfebefugnis im Einspruchsverfahren oder aufgrund einer allgemeinen Korrekturbestimmung erlassen wird. Das Verfahren wird in diesem Fall durch Erledigung beendet.
Rz. 45a
Ob durch den Abhilfebescheid dem Rechtsschutzbegehren vollständig entsprochen und damit der Einspruchsführer von der geltend gemachten Beschwer entlastet worden ist, ergibt ein Vergleich zwischen der Regelung im Abhilfebescheid und dem Inhalt des Rechtsschutzbegehrens im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Abhilfebescheids. Der Inhalt der finanzbehördlichen Erklärung ist ggf. durch Auslegung zu ermitteln. Änderungen des Rechtsschutzbegehrens im Verlauf des Verfahrens sind demgemäß zu berücksichtigen.
Rz. 45b
Wird die Beendigung des Ver...