4.2.2.1 Ersatzlose vollständige Aufhebung, Rücknahme, Widerruf
Rz. 43
Das Einspruchsverfahren wird durch den Verfahrensgegenstand bestimmt. Dies ist im Einspruchsverfahren der angefochtene Verwaltungsakt.
Das finanzbehördliche Einspruchsverfahren findet seinen Abschluss durch Erledigung seitens der Finanzbehörde, ohne dass eine förmliche Einspruchsentscheidung erforderlich ist, wenn die Rechtswirkungen des angefochtenen Verwaltungsakts aufgrund des materiell abhelfenden Verwaltungsakts entfallen sind. Die Erledigung tritt unabhängig davon ein, ob eine materielle Abhilfe im Einspruchsverfahren erfolgt oder die Rechtswirkungen des angefochtenen Verwaltungsakts durch eine Korrektur nach den allgemeinen Korrekturbestimmungen entfallen . Nach § 365 Abs. 1 AO i. V. m. § 124 Abs. 2 AO entfallen die Rechtswirkungen eines Verwaltungsakts, sobald und soweit der Verwaltungsakt vollständig zurückgenommen, widerrufen oder aufgehoben wird. Hiermit ist auch das Einspruchsverfahren erledigt und abgeschlossen. Einer Einspruchsentscheidung bedarf es nach § 367 Abs. 2 S. 3 AO dann nicht, wenn die Finanzbehörde im abhelfenden Verwaltungsakt ausdrücklich die ersatzlose Beseitigung der Rechtswirkungen des angefochtenen Verwaltungsakts regelt.
Rz. 44
Der Fortfall der Rechtswirkungen des angefochtenen Verwaltungsakts allein beendet das Einspruchsverfahren gemäß § 365 Abs. 3 AO aber nur dann, wenn der angefochtene Verwaltungsakt nicht zugleich oder später durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt wird. Nach § 365 Abs. 3 AO wird kraft Gesetzes ein nach Einspruchseinlegung erlassener Verwaltungsakt, der den angefochtenen, aber zwischenzeitlich vollständig aufgehobenen, zurückgenommenen oder widerrufenen Verwaltungsakt ersetzt, Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Ein ersetzender Verwaltungsakt i. d. S. liegt vor, wenn dieselbe Finanzbehörde in demselben Steuerpflichtverhältnis hinsichtlich derselben Besteuerungsgrundlagen eine erneute, nicht mehr wirksame Regelung mit gleichem oder modifiziertem Inhalt wiederholt. In diesem Fall tritt der neue Verwaltungsakt in das Einspruchsverfahren ein, ohne dass der ersetzende Verwaltungsakt durch den Einspruchsführer erneut angefochten werden muss. Eine gleichwohl vorgenommene und zur Klarstellung des Meinungsbilds des Einspruchsführers anzuratende erneute Einspruchseinlegung hat als Wiederholung keine verfahrensrechtliche Bedeutung.
4.2.2.2 Inhaltliche Modifizierung des angefochtenen Verwaltungsakts
Rz. 45
Auch die inhaltliche Modifizierung des angefochtenen Verwaltungsakts durch einen Abhilfebescheid im materiell-rechtlichen Sinn hat eine verfahrensbeendende Wirkung, wenn dem Rechtsschutzbegehren inhaltlich vollen Umfangs entsprochen wird. Hierbei ist es unerheblich, ob dieser Abhilfebescheid aufgrund der Abhilfebefugnis im Einspruchsverfahren oder aufgrund einer allgemeinen Korrekturbestimmung erlassen wird. Das Verfahren wird in diesem Fall durch Erledigung beendet.
Rz. 45a
Ob durch den Abhilfebescheid dem Rechtsschutzbegehren vollständig entsprochen und damit der Einspruchsführer von der geltend gemachten Beschwer entlastet worden ist, ergibt ein Vergleich zwischen der Regelung im Abhilfebescheid und dem Inhalt des Rechtsschutzbegehrens im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Abhilfebescheids. Der Inhalt der finanzbehördlichen Erklärung ist ggf. durch Auslegung zu ermitteln. Änderungen des Rechtsschutzbegehrens im Verlauf des Verfahrens sind demgemäß zu berücksichtigen.
Rz. 45b
Wird die Beendigung des Verfahrens durch inhaltliche Erledigung vom Einspruchsführer bestritten, so soll die Finanzbehörde nach h. M. eine Einspruchsentscheidung erlassen und den Einspruch – wegen Wegfalls der Beschwer – als unzulässig verwerfen. Die Finanzbehörde kann allerdings auch von einer Entscheidung absehen, sodass der Einspruchsführer die Anhängigkeit im Rahmen einer Untätigkeitsklage nach § 46 FGO nachprüfen lassen kann.
4.2.2.3 Teilabhilfe
Rz. 46
Wie im Fall der Ersetzung tritt auch bei einer Teilabhilfe keine Verfahrensbeendigung ein. Eine solche Teilabhilfe liegt vor, wenn durch den abhelfenden Verwaltungsakt der angefochtene Verwaltungsakt nur teilweise zurückgenommen, widerrufen oder geändert bzw. aufgehoben wird. Hier bleibt der Verfahrensgegenstand rechtlich mit modifiziertem Inhalt existent und damit das Einspruchsverfahren anhängig.
Rz. 47
Eine Teilabhilfe liegt auch vor, wenn dem Rec...