4.3.1 Grundlage
Rz. 51
Nach § 367 Abs. 1 S. 1 AO schließt die zur Entscheidung berufene Finanzbehörde das anhängige, also nicht durch Einspruchsrücknahme oder durch Abhilfe beendete Einspruchsverfahren durch förmliche Einspruchsentscheidung ab.
Eine förmliche Einspruchsentscheidung ist stets erforderlich, wenn
- der Finanzbehörde die Sachentscheidungsbefugnis mangels Zulässigkeit des Einspruchs fehlt,
- die Finanzbehörde eine Verböserung beabsichtigt,
- die Finanzbehörde dem Einspruch nicht vollständig abhilft.
Rz. 51a
Die Anhängigkeit einer finanzgerichtlichen Klage in Form der Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 FGO hindert die Finanzbehörde nicht, eine Einspruchsentscheidung zu erlassen. Auch die Ankündigung der Einspruchsbegründung und der Umstand, dass die Einspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist, hindert die Finanzbehörde nicht, die Einspruchsentscheidung zu erlassen.
Rz. 51b
Die Finanzbehörde hat grundsätzlich eine einheitliche Einspruchsentscheidung zu treffen, in der der gesamte Regelungsinhalt des angefochtenen Verwaltungsakts überprüft worden ist. Nach § 367 Abs. 2a AO kann die Finanzbehörde für einzelne Streitpunkte Teileinspruchsentscheidungen erlassen.
4.3.2 Rechtsnatur und Rechtswirkungen
4.3.2.1 Selbstständiger Verwaltungsakt mit Abschlusswirkung
Rz. 52
Die Einspruchsentscheidung ist ein rechtlich selbstständiger Verwaltungsakt, der zunächst den Abschluss des anhängigen Einspruchsverfahrens bewirkt.
Die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ist Sachentscheidungsvoraussetzung des finanzgerichtlichen Klageverfahrens. Die Einspruchsentscheidung ist allerdings grundsätzlich nicht Gegenstand der Klage. Nach § 44 Abs. 2 FGO verliert die Einspruchsentscheidung für das Klageverfahren ihre rechtliche Selbstständigkeit. Die Klage ist gegen den ursprünglichen Verwaltungsakt zu richten in der Gestalt, die er durch die Einspruchsentscheidung gefunden hat.
Rz. 53
Nur in Ausnahmefällen ist die Einspruchsentscheidung gesondert anfechtbar, wenn
- der Einspruch als unzulässig verworfen worden ist, da dann eine Sachentscheidung und demgemäß eine Sachverhaltsermittlung nicht erfolgt ist;
- durch die Einspruchsentscheidung ein Dritter erstmalig beschwert ist;
- die Einspruchsentscheidung gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbstständige Beschwer enthält, die ein berechtigtes Interesse des Einspruchsführers an der alleinigen Aufhebung der Einspruchsentscheidung begründet;
- eine Einspruchsentscheidung erlassen wurde, obgleich kein Einspruch eingelegt wurde;
- eine Einspruchsentscheidung erlassen worden ist, obgleich das Einspruchsverfahren durch Rücknahmeerklärung abgeschlossen worden ist. Die Finanzbehörde hat keine Befugnis, von sich aus ein Einspruchsverfahren zu beginnen und dadurch über einen Verwaltungsakt neu zu entscheiden;
- dem Einspruchsführer durch den Verlust des Einspruchsverfahrens ein verfahrensrechtlich relevanter Entscheidungsspielraum eingeengt wird, etwa durch eine Verböserung in der Einspruchsentscheidung, ohne Ankündigung durch die Finanzbehörde gemäß § 367 AO Abs. 2 AO.
Rz. 53a
Durch die Aufhebung der Einspruchsentscheidung im Klageverfahren ist das Einspruchsverfahren wieder anhängig. Im Fall der isolierten Anfechtung der Einspruchsentscheidung können im Revisionsverfahren nur solche Mängel geltend gemacht werden, die allein der Einspruchsentscheidung anhaften, sonstige Mängel des angefochtenen Verwaltungsakts können nicht mehr geltend gemacht werden.
Rz. 54
Sind mehrere Verwaltungsakte mit dem Einspruch angefochten, so sind entsprechend mehrere Einspruchsverfahren anhängig. Über jedes Verfahren ist durch eine jeweils rechtlich selbstständige Einspruchsentscheidung gesondert zu entscheiden. Die äußerliche Verbindung mehrerer Einspruchsentscheidungen ist jedoch zulässig und üblich. Diese Verbindung hat keinen Einfluss auf die rechtliche Selbstständigkeit der jeweiligen Entscheidung.
4.3.2.2 Inhaltsgestaltung des angefochtenen Verwaltungsakts
Rz. 55
Die Einspruchsentscheidung ist nur eine Entscheidung über das Einspruchsverfahren, wenn der Einspruch als unzulässig ...