3.6.3.1 Begriff
Rz. 95
Anstiftung und Beihilfe als Formen der Teilnahme sind davon abhängig, dass eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat vorliegt (sog. Akzessorietät der Teilnahme). Folglich muss zumindest ein Täter eine vorsätzliche und rechtswidrige Steuerhinterziehung begangen haben. Der Täter will die Tat jedoch als eigene verwirklichen (s. Rz. 91f.). Der Teilnehmer will demgegenüber durch einen eigenen Tatbeitrag eine fremde rechtswidrige und vorsätzliche Straftat fördern. Er hat also einen Teilnahmewillen.
Die Abgrenzung der Täterschaft (s. Rz. 90ff.) von der Teilnahme kann beim Zusammenwirken mehrerer Tatbeteiligter im Einzelfall Probleme aufwerfen, insbesondere im Bereich der Steuerhinterziehung.
3.6.3.2 Anstiftung
Rz. 96
Anstifter ist, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidrigen Straftat bestimmt hat. Anstiftung ist somit das vorsätzliche Wecken des Tatentschlusses zu einer bestimmten rechtswidrigen Haupttat. Der Anstifter muss auf den Täter aktiv Einfluss genommen haben. Das Mittel der Einflussnahme ist ohne Bedeutung.
Der Anstifter muss mit seiner Einflussnahme im Täter den Tatentschluss für eine bestimmte Tat hervorgerufen haben. Diese muss zwar nicht in allen Einzelheiten feststehen, darf aber auch nicht ein allgemeiner Entschluss für irgendwelche Straftaten sein.
Wird die Einflussnahme des Anstifters für den Entschluss des Täters nicht kausal, weil der Täter schon vorher zur Tat entschlossen war, so kann er nicht mehr angestiftet werden. Die Einflussnahme kann ggf. als psychische Beihilfe durch Verstärken des Tatentschlusses zu werten sein (s. Rz. 102). Unterlässt der Täter die Steuerstraftat, so ist der Teilnahmeversuch nicht strafbar. § 30 Abs. 1 StGB greift nicht ein, da die Steuerstraftaten ihrem Rechtscharakter nach nur Vergehen sind (s. Rz. 51).
Rz. 97
Der Anstifter muss den Haupttäter zu seiner Tat bestimmt haben und den sog. doppelten Anstiftervorsatz aufweisen, d. h., erstens muss er den Tatentschluss des Haupttäters bewusst und gewollt wecken und zweitens muss der Vorsatz des Anstifters auf die Vollendung der Haupttat des Angestifteten gerichtet sein.
Rz. 98
Im Falle der Anstiftung entspricht die Strafe des Anstifters der des Täters. Die Anstiftung wird folglich als ebenso schwerwiegend wie die Haupttat angesehen und ist gegenüber der Beihilfe die schwerere Teilnahmeform. Weicht die vom Angestifteten verwirklichte Tat von der, zu der er angestiftet wurde, wesentlich ab, so ist bei einem Weniger (z. B. Steckenbleiben in einem strafbaren Versuch) dieses der Bestrafung auch des Anstifters zugrunde zu legen, bei einem Mehr nur die angestiftete Tat. Bei den Steuerstraftaten ist in jedem Fall, in dem der Anstifter den Vorteil aus der Tat hat, genau das Vorliegen eines Täterwillens und einer Tatherrschaft zu prüfen (s. Rz. 90). Vielfach wird der vermeintliche Anstifter Mittäter oder mittelbarer Täter sein.
3.6.3.3 Beihilfe
Rz. 99
Beihilfe ist die wissentliche Hilfeleistung zu einer vorsätzlich rechtswidrigen fremden Straftat. Die Beihilfe erfordert einen Willen zur Förderung einer fremden Straftat ohne eigenen Täterwillen. Der Gehilfe unterscheidet sich dadurch vom Täter bzw. Mittäter, der mit Täterwillen die Tatherrschaft hat (s. Rz. 90). Nicht erforderlich ist ein Zusammenwirken mit dem Täter, dieser braucht die Hilfeleistung nicht einmal zu bemerken.
Rz. 100
Eine fremde Straftat liegt vor, wenn der Täter (s. Rz. 90) die Merkmale der Straftat (s. Rz. 11) verwirklicht hat. Die Strafbarkeit der Beihilfe ist insofern abhängig von der Strafbarkeit der Haupttat, als diese zumindest in das strafbare Versuchsstadium (s. Rz. 75ff.) gelangt sein muss. Die lediglich versuchte Beihilfe ist nicht strafbar.
Rz. 101
Die Straftat muss rechtswidrig sein (s. Rz. 42). Die Beihilfe zu einer für den Täter gerechtfertigten Tat ist nicht möglich. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Täter schuldhaft gehandelt hat (s. Rz. 43ff.). Gemäß § 29 StGB wird jeder Tatbeteiligte nach seiner Schuld und ohne Rücksicht auf die Schuld anderer Tatbeteiligter bestraft.
Rz. 102
Der Gehilfe muss einen Tatbeitrag geleistet haben. Dieser muss nach § 27 StGB nicht kausal i. S.e. condition sine qua non (vgl. Rz. 24) geworden sein, aber er muss die fremde Straftat ermöglicht oder erleichtert haben. Die Unterstützungshandlung muss die Tathandlung des Täters folglich gefördert haben. Die Art des Tatbeitrags ist unerheblich. Er kann in unmittelbaren, der Tatbestandserfüllung dienenden Handlungen auch schon im Vorbereitungsstadium liegen. Die Unterstützung kann aber auch psychisch sein, wenn dem Täter dadurch ein Gefühl erhöhter Sicherheit vermittelt wird.
Rz. 103
Der Gehilfe muss den sog. doppelten Gehilfenvorsatz aufweisen. Dies ist der Fall, wenn der Helfer die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch seine...