3.9.1 Überblick über die Rechtsfolgen
Rz. 136
Kommt es zu einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat, so bestehen verschiedene (verfahrensrechtliche) Möglichkeiten, dieses Verfahren abzuschließen, wobei zu unterscheiden ist zwischen Abschlüssen ohne Schuldfeststellung und solchen mit Schuldfeststellung.
Im Einzelnen handelt es sich bei den Verfahrensabschlüssen ohne Schuldfeststellung um
- die Einstellung mangels Tatnachweises oder wegen eines Verfolgungshindernisses,
- die Einstellung wegen Geringfügigkeit gem. §§ 398 AO, 153 StPO,
- die Einstellung nach der Erfüllung von Auflagen,
- die Einstellung bzw. Beschränkung gem. §§ 154, 154a StPO oder
- die Einstellung des Verfahrens wegen eines in der Person des Beschuldigten liegenden Hindernisses.
Bei den Verfahrensabschlüssen mit Schuldfeststellung ist hingegen zu unterscheiden zwischen
Rz. 137
Kommt es am Ende des Verfahrens zur Feststellung eines steuerlichen Fehlverhaltens, so kann eine Ahndung in Form einer Geld- oder einer Freiheitsstrafe erfolgen (vgl. Rz. 161ff.). Neben der Ahndung als Steuerstraftat können aber auch anderweitige Rechtsfolgen ausgelöst werden. Hierzu zählen sowohl steuerliche als auch allgemeine verwaltungsrechtliche oder ggf. disziplinarrechtliche Konsequenzen.
3.9.2 Bestrafung
3.9.2.1 Verfolgungspflicht
Rz. 138
Für die Verfolgung von Steuerstraftaten gilt zwar grundsätzlich das Legalitätsprinzip, aber auch wenn die Tat dem Tatbeteiligten nachgewiesen ist, kann in besonderen Fällen von der Ahndung abgesehen und das Strafverfahren durch Einstellung abgeschlossen werden, wenn z. B. Verfahrenshindernisse bestehen, materiell-rechtliche Hinderungsgründe bestehen oder tatsächliche Gründe der Sanktionierung entgegenstehen. Darüber hinaus kann die Strafverfolgungspflicht auch durchbrochen sein, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen ist und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht oder die Erfüllung einer Auflage das öffentliche Interesse an der Verfolgung der Straftat beseitigt.
3.9.2.2 Hauptstrafe – Nebenfolgen
Rz. 139
Die Ahndung der Steuerstraftat erfolgt durch die Festsetzung einer Strafe. Die Strafe ist die Zufügung eines Übels, das nur durch das Gericht ausgesprochen werden kann. Die Hauptstrafen können nur in zwei Formen verhängt werden, als Freiheitsentziehung (s. Rz. 143ff.) und/oder als Geldzahlungspflicht (s. Rz. 153ff.).
Der gesetzliche Straftatbestand legt nur den Rahmen für die "Haupt"-Strafe fest (s. Rz. 141). Die rechtswidrige und schuldhafte Erfüllung des Straftatbestands (s. Rz. 12ff.) kann jedoch auch strafrechtliche Nebenfolgen auslösen.
Rz. 140
Solche strafrechtlichen Nebenfolgen sind nach § 369 Abs. 2 AO i. V. m. den Regelungen des StGB z. B.:
Darüber hinaus eröffnet § 375 AO für bestimmte Steuerstraftaten neben der Strafe die Möglichkeit zur
- Aberkennung der Amtsfähigkeit und Wählbarkeit und zur
- Einziehung von bestimmten Gegenständen.
3.9.2.3 Strafrahmen
Rz. 141
Der anzuwendende gesetzliche Straftatbestand gibt einen Strafrahmen vor, innerhalb dessen die im Einzelfall schuldangemessene Strafe (s. Rz. 161ff.) festzusetzen ist. Der Strafrahmen der Steuerhinterziehung beträgt z. B. gem. § 370 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 AO bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Neben diesem Grundstrafrahmen ist bei der Steuerhinterziehung der besonders schwere Fall gem. § 370 Abs. 3 AO mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu berücksichtigen.
Dieser Strafrahmen kann gem. § 49 StGB reduziert werden, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben oder zugelassen ist, z. B.
- beim Versuch,
- bei der Beihilfe oder
- bei unechten Unterlassungsdelikten.
Rz. 142
Dieser Strafrahmen kann überschritten werden, wenn gem. § 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden ist (s. Rz. 135). Dies ist der Fall, wenn der jeweilige Beschuldigte nicht nur eine, sondern mehrere Straftaten begangen hat. Zur Bildung einer Gesamtstrafe wird zunächst für jede Einzeltat gesondert die angemessene Einzelstrafe ermittelt. Die aus diesen Einzelstrafen zu bildende Gesamtstrafe muss höher liegen...