6.5.1 Selbstbegünstigung
Rz. 213
Da der Tatbestand des § 257 Abs. 1 StGB erfordert, dass "einem anderen" Hilfe geleistet wird, ist nur die Fremdbegünstigung strafbar, also die Begünstigung einer anderen Person, die Tatbeteiligte der Vortat war. Nicht strafbar ist demgegenüber die Selbstbegünstigung, d. h. eine Begünstigungshandlung (s. Rz. 205 ff.), die ein Tatbeteiligter der Vortat sich selbst leistet. Diese Entscheidung des Gesetzgebers beruht auf dem Grundgedanken der mitbestraften Nachtat.
Wird durch eine Selbstbegünstigungshandlung gleichzeitig auch ein anderer Tatbestand erfüllt, so bleibt die diesbezügliche Strafbarkeit bestehen.
Da die Selbstbegünstigung nicht tatbestandsmäßig ist, ist auch die Teilnahme eines Dritten an der Selbstbegünstigung nicht strafbar, da keine in §§ 26, 27 StGB vorausgesetzte rechtswidrige Tat vorliegt. Es ist insoweit allerdings anhand der Kriterien von Täterschaft und Teilnahme (vgl. Rz. 89ff.) genau zu differenzieren zwischen Täterschaft und Beihilfe.
Eine Fremdbegünstigung ist nicht strafbar, wenn sie in einem inneren Zusammenhang mit einer zugleich ausgeführten Selbstbegünstigung steht.
6.5.2 Beteiligung an der Vortat
Rz. 214
Nach § 257 Abs. 3 S. 1 StGB wird wegen Begünstigung nicht bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat als Täter oder Teilnehmer strafbar ist. Durch diesen Strafausschluss bleiben die Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit des Verhaltens bestehen, es wird lediglich die Strafdrohung aufgehoben. Getragen wird diese Regelung von dem Gedanken der mitbestraften Nachtat, da die Begünstigung als nachträgliche Unterstützung der Vortat durch die Bestrafung wegen Beteiligung an gerade dieser Vortat abgegolten ist.
Rz. 215
Dieser Strafausschluss gilt gem. § 257 Abs. 3 S. 2 StGB hingegen nicht für Vortatbeteiligte, die einen an der Vortat Unbeteiligten zur Begünstigung anstiften. Diese auf der Korrumpierung eines sonst Unbeteiligten basierende Regelung ist dogmatisch wie auch kriminalpolitisch erheblichen Bedenken ausgesetzt, da dadurch jemand trotz Strafbarkeit bzgl. der Haupttat Anstifter zu einer Begünstigung sein kann, die ihm selbst zugute kommt. Folglich wird zu Recht davon ausgegangen, dass diese Regelung eng auszulegen ist. Folglich ist derjenige, der sich bereits wegen Beteiligung an der Vortat strafbar gemacht hat, wegen Anstiftung zur Begünstigung nur zu bestrafen, wenn feststeht, dass der Angestiftete an der Vortat unbeteiligt war.
6.5.3 Selbstanzeige
Rz. 216
§ 371 AO ist auf die Begünstigung zu einer Steuerstraftat nicht anwendbar. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 371 AO, der einen Fall des § 370 AO voraussetzt. Dies ist bei § 257 StGB gerade nicht der Fall, da es sich um einen selbstständigen Tatbestand handelt Wurde hingegen vor der Steuerhinterziehung eine Begünstigungshandlung zugesagt, so kann es sich um eine (psychische) Beihilfe zur Steuerhinterziehung handeln (vgl. Rz. 102), auf die § 371 AO anwendbar wäre.