7.1.1 Allgemeines
Rz. 219
Das UStG enthält mit § 26b UStG und § 26c UStG strafrechtlich relevante Tatbestände.
Da es sich bei diesen Regelungen nicht um Normen aus dem Bereich der Steuerfestsetzung handelt, wären sie unter systematischen Gesichtspunkten als steuerstrafrechtliche bzw. bußgeldrechtliche Vorschriften besser in der AO eingefügt worden.
Zu der ab dem 1.7.2021 gültigen Streichung des § 26b UStG und der Neufassung der §§ 26a, 26c UStG vgl. Rz. 234ff.
7.1.2 Zweck der Vorschrift
Rz. 220
Durch das Gesetz zur Bekämpfung von Steuerverkürzungen bei der USt und zur Änderung anderer Steuergesetze v. 19.12.2001 wurden mit Wirkung zum 1.1.2002 u. a. §§ 26b und 26c UStG aufgenommen. Mit § 26c UStG wurde dabei erstmalig ein Straftatbestand geschaffen, der auf die Schädigung des USt-Aufkommens zielt.
Rz. 221
Zweck der §§ 26b und 26c UStG ist es, das USt-Aufkommen als wichtigste Einnahmequelle von Bund, Ländern und Gemeinden zu schützen. Dieses Ziel soll erreicht werden, indem durch die Einführung von Sanktionsnormen auf die Betrugsanfälligkeit des bestehenden USt-Systems reagiert und der steuerehrliche Wettbewerber vor Wettbewerbsverzerrungen geschützt wird. Mithin soll der Missbrauch des Vorsteuerabzugs (z. B. durch Karussellgeschäfte) bekämpft und die wirtschaftliche Neutralität der USt gewahrt werden, sodass z. B. die Schöpfung von Liquidität durch die verspätete Zahlung der USt sanktioniert wird.
Durch § 26c UStG ist somit erstmalig nicht die fehlende Erklärung einer geschuldeten Steuer, sondern die bloße Nichtzahlung von zuvor angemeldeten oder erklärten eigenen Steuern strafbar. Allerdings finden die §§ 26b, 26c UStG bisher, abgesehen von einzelnen Bundesländern, geringe Anwendung.
7.1.3 Steuerstraftat
Rz. 222
Die Schädigung des USt-Aufkommens nach § 26c UStG ist eine eigenständige Steuerstraftat i. S. d. § 369 Abs. 1 Nr. 1 AO. Danach wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer in den Fällen des § 26b UStG gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Handlungen i. S. d. § 26b UStG verbunden hat.
Wie sich aus § 12 Abs. 1 StGB ergibt, handelt es sich aufgrund der Mindeststrafe von unter einem Jahr bei § 26c UStG nicht um ein Verbrechen, sondern um ein Vergehen. Dementsprechend ist nach § 23 Abs. 1 StGB der Versuch der Tat in Ermangelung einer diesbezüglichen ausdrücklichen Regelung nicht strafbar.
Bei der Abführungspflicht des § 18 UStG handelt es sich nicht um ein besonderes persönliches Merkmal i. S. d. § 28 Abs. 1 StGB, sondern ein tatbezogenes Merkmal, da weder eine vorrechtliche noch eine besondere Pflichtenstellung höchstpersönlicher Art vorliegt. Folglich ist bei einer Verurteilung wegen Beihilfe zur bandenmäßigen oder gewerbsmäßigen Schädigung des USt-Aufkommens nur eine Milderung des Strafrahmens nach Beihilfegrundsätzen, nicht hingegen zusätzlich wegen der Sonderdeliktseigenschaft gem. §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB angezeigt.
Gemäß § 369 Abs. 2 AO gelten für alle Steuerstraftaten die allgemeinen Gesetze über das Strafrecht, soweit die Strafvorschriften der Steuergesetze nichts anderes bestimmen. Folglich gelten für § 26c UStG neben dem allgemeinen Teil des StGB über § 385 Abs. 1 AO auch die Regelungen des Strafverfahrensrechts (insb. StPO und GVG), soweit die AO nichts anderes bestimmt.