Rz. 62
Die Grundsätze zur Bestimmung des Erstattungsberechtigten in Gesamtschuldverhältnissen gelten auch für nach § 26b EStG zusammen zur ESt veranlagte Ehegatten bzw. ihnen nach § 2 Abs. 8 EStG gleichgestellte Lebenspartner. Sie sind weder Gesamtgläubiger i. S. des § 428 BGB noch Mitgläubiger i. S. des § 432 BGB. Vielmehr steht der Erstattungsanspruch demjenigen Ehegatten zu, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist.
Die Vorschrift des § 36 Abs. 4 S. 3 EStG, wonach bei zusammen veranlagten Ehegatten die Auszahlung eines überzahlten ESt-Betrags an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten wirkt, lässt keine gegenteiligen Schlüsse zu. Sie besagt nur, dass das FA befugt ist, nach seiner Wahl an den einen oder den anderen Ehegatten auszuzahlen, regelt aber nicht, welcher der Ehegatten die Auszahlung des Erstattungsbetrags fordern darf. Im Übrigen ist das FA gehalten, die ihm erkennbaren Interessen des Erstattungsberechtigten in seine Entscheidung einzubeziehen. Es darf folglich nicht mehr an einen Ehegatten auszahlen, wenn es erkennt oder erkennen muss, dass der andere Ehegatte mit dieser Verfahrensweise aus beachtlichen Gründen nicht einverstanden ist, oder wenn sich aus sonstigen Umständen ergibt, dass die Vorgehensweise des FA nicht gebilligt wird.
Rz. 63
Auch bei zusammen veranlagten Ehegatten beurteilt sich die Frage, auf wessen Rechnung eine Zahlung bewirkt worden ist, nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, wobei es nicht darauf ankommt, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist. Die Vermutung, dass ein Gesamtschuldner mit der von ihm bewirkten Zahlung nur seine eigene Schuld tilgen will, gilt bei zusammen veranlagten Ehegatten allerdings nicht. Nach st. Rspr. des BFH kann das FA als Zahlungsempfänger in Ermangelung entgegenstehender ausdrücklicher Absichtsbekundungen, solange die Ehe besteht und die Eheleute nicht dauernd getrennt leben, davon ausgehen, dass derjenige Ehegatte, der die Zahlung auf die gemeinsame Steuerschuld bewirkt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten begleichen will und dass die Zahlung der ESt auf Rechnung beider Ehegatten als Gesamtschuldner bewirkt worden ist. Das hat zur Folge, dass beide Ehegatten nach § 37 Abs. 2 AO erstattungsberechtigt sind und der Erstattungsbetrag zwischen ihnen nach Köpfen aufzuteilen ist. Dies gilt auch für Erstattungen, die auf nach § 10d EStG zurückgetragenen Verlusten nur eines der beiden Ehegatten beruhen.
In der Literatur wird gegen diese Rspr. der Einwand erhoben, dass eine intakte Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft kein zwingendes Indiz dafür darstelle, dass der zahlende Ehegatte zugleich die Schuld des anderen tilgen wolle. Zivilrechtlich habe im Güterstand der Gütertrennung und der Zugewinngemeinschaft grundsätzlich jeder Ehegatte für die Steuer aufzukommen, die auf seine Einkünfte entfalle. Für den zahlenden Ehegatten bestehe daher keine Notwendigkeit, durch eine Doppeltilgung auf eventuelle Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis zu verzichten. Diese Kritik übersieht allerdings, dass es im Rahmen einer intakten Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft vom Zufall abhängen kann, welcher der Ehegatten die Tilgung der gemeinsamen Steuerschuld bewirkt. Außerdem wird dem leistenden Ehegatten häufig gar nicht bewusst sein, in welchem Verhältnis sich die zu tilgende Schuld auf die Einkünfte der beiden Ehegatten verteilt. Im Übrigen lassen die Grundsätze zur Bestimmung des nach § 37 Abs. 2 AO Erstattungsberechtigten evtl. Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis der Ehegatten unberührt.
Rz. 64
Für die Beurteilung der mit der Zahlung verfolgten Absicht sind nur diejenigen Umstände zu berücksichtigen, die dem FA im Zeitpunkt der Zahlung erkennbar waren. Die einmal getroffene Tilgungsbestimmung kann nicht mehr geändert werden. Dass die Ehegatten sich später trennen oder die getrennte (jetzt: Einzel-)Veranlagung beantragen, ist daher ebenso bedeutungslos wie ein nachträglich erbrachter Nachweis für die im Zahlungszeitpunkt bestehende Tilgungsabsicht. Die Tilgungsvermutung zugunsten beider Ehegatten greift auch dann ein, wenn im Zeitpunkt der Zahlung die Ehe nicht mehr bestand oder die Ehegatten dauernd getrennt lebten, aus der Sicht des FA dafür aber keine Anhaltspunkte bestanden. Das Gleiche gilt, wenn die Gesamtschuld mit dem Tod eines der Ehegatten weggefallen ist, ohne dass dies dem FA bekannt geworden ist.
Rz. 65
Leistet ein Ehegatte Vorauszahlungen aufgrund eines an beide Ehegatten gerichteten Vorauszahlungsbescheids und wird später die getrennte bzw. Einzelveranlagung nach § 26a EStG gewählt bzw. die Aufteilung der Gesamtschuld nach §§ 268ff. AO beantragt, könnte die hälftige Zurechnung der geleisteten Vorauszahlungen auf die Ehegatten dazu führen, dass es für den Ehegatten mit der geringeren Steuerbelastung zu einer Erstattung kommt, während der Ehegatte mit d...