Dr. Karsten Webel, Dr. Wolfgang Dumke †
2.2.2.1 Grundlagen
Rz. 16
Täter der Steuerhinterziehung ist nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, "wer" gegenüber der Finanzbehörde fehlerhafte Angaben (s. Rz. 41) macht. Täter der Steuerhinterziehung und damit auch Mittäter bzw. Tatteilnehmer durch aktives Tun (s. Rz. 41) kann hiernach jeder sein.
Bei der Tatbestandsvariante des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist die Steuerhinterziehung kein Sonderdelikt. Jeder kann den Behörden gegenüber über steuererhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben machen. Es kommt ausschließlich darauf an, dass Angaben gemacht werden. Wer Angaben macht, hat diese stets vollständig und wahrheitsgemäß zu machen. Dieser Grundsatz wird für den steuerlich Mitwirkungspflichtigen und Erklärungspflichtigen in der AO lediglich deklaratorisch wiederholt. Strafgrund der Steuerhinterziehung ist der Verstoß gegen diese Wahrheitspflicht (s. Rz. 3, 37).
Rz. 17
Eine besondere Rechtspflicht, diese Angaben machen zu müssen, ist nicht Tatbestandsvoraussetzung. Täter kann also auch sein, wer nicht zur Abgabe einer Steuererklärung (s. Rz. 50) verpflichtet ist und nur freiwillige Angaben macht, ohne dass er von der Behörde hierzu besonders aufgefordert worden ist.
Rz. 18
Der Taterfolg der Steuerhinterziehung (s. Rz. 76) braucht auch nicht für die Person des handelnden Tatbeteiligten einzutreten. Die Steuerhinterziehung kann also auch zugunsten Dritter erfolgen. Dies ist zwar ausdrücklich nur für den Fall gesetzlich zum Ausdruck gebracht worden, dass der Taterfolg in der Erlangung eines ungerechtfertigten Steuervorteils besteht (s. Rz. 105), gilt aber unstreitig auch, wenn der Taterfolg in einer Steuerverkürzung (s. Rz. 84) besteht, da diese nur ein besonderer Steuervorteil ist (s. Rz. 79) und deshalb von der Formulierung "für sich oder einen anderen" umfasst wird. Wer eine Tathandlung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht, braucht demgemäß weder Stpfl. noch Steuerschuldner zu sein.
2.2.2.2 Beispiele
Rz. 19
Täter einer Steuerhinterziehung in der Handlungsform nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO durch aktives Tun können sein:
Rz. 20
- Dritte, die zu einem Verwaltungsverfahren hinzugezogen wurden oder mit diesem in Berührung kommen. Hierbei ist es unerheblich, ob sie von der Behörde z. B. als Auskunftspflichtige (§ 93 AO; z. B. auch für die falsche Drittschuldnererklärung nach § 316 AO; s. Rz. 108), als Vorlagepflichtige oder Sachverständige zur Mitwirkung in einem fremden Besteuerungsverfahren herangezogen werden. Auch wenn der am Besteuerungsverfahren Beteiligte sie zu einer Auskunft veranlasst oder sie rein zufällig eine Erklärung abgeben, können sie Täter der Steuerhinterziehung sein.
Rz. 21
Amtsträger, die an der Durchführung des Besteuerungsverfahrens mitwirken und hierbei über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben machen.
Hierbei ist die behördeninterne Zuständigkeit unerheblich. Allerdings wird im Schrifttum nach wie vor die Ansicht vertreten, dass ein Mitarbeiter des FA keine Steuerhinterziehung begehen könne, solange er in seinem Zuständigkeitsbereich tätig werde.
Setzt der für die Steuerfestsetzung zuständige Amtsträger ...