Dr. Karsten Webel, Dr. Wolfgang Dumke †
2.3.1 Allgemeines
Rz. 26
Für die Teilnahmeformen Anstiftung und Beihilfe gelten die allgemeinen strafrechtlichen Regelungen (s. § 369 AO Rz. 54). Die Teilnahme kann von jeder Person geleistet werden, insbesondere von Personen, die bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO nicht Täter sein können (s. Rz. 23, 25).
Rz. 27
Die Abgrenzung zur Täterschaft (s. Rz. 12a, 14a) wird bestimmt durch die innere Einstellung des Tatbeteiligten zur Tat, also durch den Teilnahmewillen (s. § 369 AO Rz. 54; s. auch Rz. 30). Die Teilnahme wird gekennzeichnet durch den Umfang der Mitwirkung oder doch wenigstens durch den Willen zur Gestaltung des Tatgeschehens, sodass Durchführung und Ausgang der Steuerhinterziehung nicht maßgeblich vom Willen des Teilnehmers abhängig erscheinen. Für die Abgrenzung der Beihilfe von der Mittäterschaft (s. Rz. 14a) ist eine Wertung des gesamten Geschehens vorzunehmen, entscheidende Kriterien sind das Interesse am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligten sowie der Wille zur Tatherrschaft, sodass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Tatbeteiligten abhängen.
2.3.2 Anstiftung zur Steuerhinterziehung
2.3.2.1 Grundlagen
Rz. 28
Anstifter ist, wer mit dem Willen zur Teilnahme (s. Rz. 26) auf den Täter aktiv Einfluss nimmt und in ihm den Tatentschluss zur Steuerhinterziehung hervorruft (s. § 369 AO Rz. 55). Zur Abgrenzung von der Mittäterschaft s. Rz. 27, 14a; § 369 AO Rz. 54.
2.3.2.2 Beispiele
Rz. 29
Ein Notar rät den Vertragsparteien, den Grundstückskaufpreis niedriger zu beurkunden, um GrESt zu sparen.
Ein Arbeitnehmer veranlasst, dass die Lohnbuchhalterin vom Arbeitslohn der anderen Arbeitnehmer zu wenig LSt einbehält.
Zur Teilnahme von Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe an der Steuerhinterziehung des Mandanten s. auch Rz. 34.
Ein Bankmitarbeiter unterrichtet einen Kunden über das geringe "Entdeckungsrisiko" nach einem Geldtransfer ins Ausland. Zur Teilnahme von Bankmitarbeitern s. auch Rz. 35; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl. 2009, § 370 AO Rz. 243.
2.3.3 Beihilfe zur Steuerhinterziehung
2.3.3.1 Grundlagen
Rz. 30
Beihilfe ist die mit Teilnahmewillen (s. Rz. 27) vorsätzliche Hilfeleistung (s. Rz. 31) zu einer fremden Steuerhinterziehung (s. § 369 AO Rz. 56). Erforderlich ist, dass die Beihilfehandlung vorsätzlich begangen wurde, wobei bedingter Vorsatz genügt. Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Helfer die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch seinen Tatbeitrag (s. Rz. 31) das Vorhaben des Täters zu fördern. Unerheblich ist, ob der Tatbeteiligte den Taterfolg wünscht oder lieber vermeiden möchte oder gar ausdrücklich missbilligt. Einzelheiten der Tat braucht der Gehilfe nicht zu kennen, es genügt, wenn er die wesentlichen Merkmale der vom Täter verwirklichten Handlung erkennt. Es ist bei "neutralen Handlungen" (s. Rz. 33b) nicht das Wissen des Gehilfen erforderlich, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter im Einzelnen verwendet wird, sofern das vom Gehilfen erkannte Risiko derart hoch ist, dass er durch seine Handlung einen erkennbar tatgeneigten Täter zumindest mit bedingtem Vorsatz förderte.
Rz. 30a
Die Steuerhinterziehung, zu der Hilfe geleistet wird, muss zumindest das Versuchsstadium (s. Rz. 140, 141) erreicht haben. Die Hilfe selbst kann bereits bei der noch straflosen Vorbereitung der Steuerhinterziehung (s. Rz. 145) geleistet werden. Die Beihilfe wird dann strafbar, wenn die Hilfeleistung noch fortwirkt, sobald die Steuerhinterziehung das Versuchsstadium erreicht.
Rz. 31
Der Gehilfe muss vorsätzlich (s. Rz. 30) einen Tatbeitrag leisten, der gem. § 27 StGB die fremde Steuerhinterziehung objektiv ermöglicht, fördert oder erleichtert (s. Rz. 32, 33), ohne dass er für den Taterfolg selbst ursächlich sein muss.
Der Tatbeitrag ist für die Beihilfe unabdingbar erforderlich. Das bloße "Dabeisein" und das einfache Wissen von der Tat sind nicht ausreichend. Der Tatbeitrag kann durch unterschiedliches Verhalten in jeder Form geleistet werden.
Rz. 32