Dr. Karsten Webel, Dr. Wolfgang Dumke †
9.1 Grundlagen
Rz. 171
Die Steuerhinterziehung kann durch die Verhängung einer Strafe geahndet werden (grundsätzlich § 369 AO Rz. 74ff.; Rz. 176), außerdem können strafrechtliche Nebenfolgen eintreten (s. Rz. 243; wegen sonstiger Rechtsfolgen s. Rz. 248).
Rz. 172
Die strafrechtliche Ahndung der Steuerhinterziehung ist z. B. ausgeschlossen, wenn strafprozessuale Hinderungsgründe vorliegen, insbesondere wenn Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist (§ 260 Abs. 3 StPO; s. Rz. 268). Die Verhängung einer Strafe ist auch ausgeschlossen, wenn eine wirksame strafbefreiende "Selbstanzeige" vorliegt. Straffrei bleibt auch die versuchte Steuerhinterziehung nach einem Rücktritt vom Versuch (§ 24 StGB; Rz. 138). Straffrei bleibt auch die Zollhinterziehung im Reiseverkehr nach § 32 ZollVG (s. § 372 AO Rz. 17).
Rz. 173
Von der Ahndung der Steuerhinterziehung kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Einstellung des Steuerstrafverfahrens gegeben sind. Auch das Absehen von einem Strafausspruch bei einer Verwarnung mit Strafvorbehalt nach § 59 StGB ist bei der Steuerhinterziehung zulässig.
Rz. 174
Die verhängte Strafe wird im Bundeszentralregister eingetragen. Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafen von nicht mehr als 3 Monaten werden nach 5 Jahren getilgt, wenn keine andere Strafe eingetragen ist.
Das polizeiliche Führungszeugnis enthält einen Auszug aus dem Bundeszentralregister, z. B. sind dort Geldstrafen von nicht mehr als 90 Tagessätzen und Freiheitsstrafen von nicht mehr als 3 Monaten nicht aufgeführt, wenn keine andere Strafe im Bundeszentralregister eingetragen ist.
Rz. 175
Die Strafe ist von demjenigen zu tragen, gegen den sie verhängt wurde. Dieser Grundsatz schließt nicht aus, dass ein Dritter eine Geldstrafe für den Verurteilten zahlt. Allerdings sind Vereinbarungen zwischen Dritten und Tatbeteiligten über die Geldstrafenerstattung unwirksam, wenn sie vor der Tatbegehung getroffen wurden. Eine derartige vor der Tatbegehung getroffene Vereinbarung ist auch regelmäßig als Hilfeleistung zur Tat und damit als Teilnahme (s. Rz. 26) zu werten.
9.2 Strafrahmen
9.2.1 Regelstrafrahmen
9.2.1.1 Grundsatz
Rz. 176
Der Regelstrafrahmen (s. § 369 AO Rz. 76) für die Einzelstrafe (s. Rz. 191) bei der Steuerhinterziehung geht von einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren aus. Die Freiheitsstrafe beträgt nach § 38 Abs. 2 StGB mindestens einen Monat. Im Fall der Gesamtstrafe (s. Rz. 194) darf die Freiheitsstrafe 15 Jahre nicht übersteigen.
Eine verhängte Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, kann nach § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden (s. Rz. 199a; s. § 369 AO Rz. 78).
Dieser Strafrahmen kann gem. § 49 StGB um ein Viertel reduziert werden z. B.
Dieser Strafrahmen kann überschritten werden, wenn eine Gesamtstrafe zu bilden ist (s. Rz. 195).
Rz. 177
Anstelle der Freiheitsstrafe kann die Steuerhinterziehung auch mit einer Geldstrafe geahndet werden. Die Geldstrafe wird nach § 40 Abs. 1 StGB in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und höchstens 360 Tagessätze, im Fall der Gesamtstrafe (s. Rz. 194) höchstens 720 Tagessätze.
Wird nur zu einer Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen verurteilt, so kann das Gericht nach § 59 StGB von der Strafe absehen und eine Verwarnung mit Strafvorbehalt aussprechen.
Rz. 178
Nach § 41 StGB kann die Steuerhinterziehung mit Freiheitsstrafe und Geldstrafe geahndet werden, wenn sich der Täter bereichert oder zu bereichern versucht hat und die zusätzliche Verhängung auch unter Berücksichtigung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angebracht ist. Die Bereicherung bzw. der Bereicherungsversuch wird bei der Steuerhinterziehung zu eigenem Vorteil regelmäßig gegeben sein, während bei der Steuerhinterziehung zugunsten Dritter (s. Rz. 18) diese Kombination regelmäßig ausscheiden dürfte. Allerdings liegt eine Bereicherung i. d. S. auch bei Erlangung eines mittelbaren anderweitigen Vermögensvorteils vor. Die zusätzliche Geldstrafe ist bei einer längeren Freiheitsstrafe aber nur dann ausnahmsweise angebracht, wenn der Verurteilte trotz des Freiheitsentzugs über nennenswerte Einkünfte verfügt.
Die zusätzliche Geldstrafe kann bei der Bemessung der Freiheitsstrafe mildernd berücksichtigt werden (s. Rz. 205).
Verhängt das Gericht neben einer Freiheitsstrafe eine zusätzliche Geldstrafe und eine Nebenfolge (s. Rz. 243), z. B. ein Berufsverbot nach § 70 StGB (s. § 375 AO Rz. 1), so hat es sich im Urteil damit auseinanderzusetzen, wie sich das Berufsverbot auf die durch die veränderten Erwerbsaussichten auch veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse auswirken wird.
Rz. 179
Die Verhängung einer Vermögensstrafe nach § 43a StGB ist ...