Dr. Karsten Webel, Dr. Wolfgang Dumke †
9.3.3.2.1 Allgemeines
Rz. 222
Bei der Steuerhinterziehung auf Dauer ist die Höhe des verkürzten Steuerbetrags für die Strafzumessung zu korrigieren um den durch das Kompensationsverbot (s. Rz. 110) für die Schuldfeststellung ausgeschlossenen Verkürzungsbetrag (s. Rz. 112).
Rz. 223
Bei der Strafzumessung sind zugunsten des Tatbeteiligten auch die steuerlichen Nachteile bei anderen Steuerarten zu berücksichtigen, die für die Strafbarkeit der Steuerhinterziehung ohne Bedeutung sind (s. Rz. 84). Allerdings dürfen "fiktive" Vorsteuern nicht berücksichtigt werden, wenn erfahrungsgemäß über die erbrachten Leistungen keine Rechnungen erteilt werden, die nach § 15 UStG den Abzug der Vorsteuer zulassen würden.
Bei der Feststellung des Steuerschadens bei einer ESt-Hinterziehung ist die verkürzte ESt um die bei wahrheitsgemäßer Erklärung zu entrichtenden anderen Steuern, z. B. USt und GewSt, zu mindern. Dies gilt jedoch nicht, wenn erfahrungsgemäß eine Besteuerung nicht erfolgt wäre. Dies gilt auch für die KSt-Hinterziehung, die sich aus fingierten Belegen mit offenem USt-Ausweis ergibt.
Rz. 224
Für die Strafzumessung bei der LSt-Hinterziehung ist grundsätzlich auf den dem Fiskus dauerhaft entstandenen Schaden abzustellen, der sich nach den tatsächlichen Verhältnissen der Arbeitnehmer richtet, wobei es ausreichend ist, von entsprechend dem betroffenen Arbeitnehmerkreis geschätzten niedrigen Durchschnittsteuersätzen auszugehen. Die Steuerklasse VI darf für die Bemessung des Steuerschadens nicht zugrunde gelegt werden. Ein höherer Steuersatz kommt nur in Betracht, wenn der Hinterziehung eine Nettolohnvereinbarung zugrunde liegt. Eine solche ist jedoch regelmäßig nicht in der stillschweigenden oder ausdrücklichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu sehen, das Arbeitsentgelt ohne Vorlage einer LSt-Karte und ohne Abzug der LSt auszuzahlen.
9.3.3.2.2 Steuerhinterziehung in großem Ausmaß
Rz. 225
Der 1. Strafsenat des BGH hat sich im Urteil v. 2.12.2008 Hinweise auf seine Strafmaßvorstellungen bei einer besonders schweren Steuerhinterziehung in großem Ausmaß (s. Rz. 158) gegeben. Hiernach soll bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen noch schuldangemessen sein. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe kommt eine zur Bewährung aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht.