Rz. 3a
Die Auslegung des § 371 AO wird maßgeblich durch die Bestimmung dessen Zwecks (Rz. 3) geprägt[1]. Wird die Priorität auf den fiskalischen Vorteil gelegt, so folgt hieraus auch eine weite Auslegung der positiven (§ 371 Abs. 1 u. 3 AO) und eine enge Auslegung der negativen (§ 371 Abs. 2 AO) Voraussetzungen der Straffreiheit[2]. Wird die Priorität demgegenüber auf den kriminalpolitischen Aspekt gelegt, so folgt aus dem Ausnahmecharakter der Vorschrift und dem darin enthaltenen Verzicht auf den staatlichen Strafanspruch (Rz. 16) eine restriktive Auslegung der positiven (§ 371 Abs. 1 u. 3 AO) und eine öffnende Auslegung der negativen (§ 371 Abs. 2 AO) Voraussetzungen der Straffreiheit[3].
Rz. 3b
Unbeschadet dieser Tendenzen in der Auslegung der Vorschrift knüpft die strafbefreiende Wirkung des § 371 AO (Rz. 16) ausschließlich an objektive Kriterien an (Rz. 1a, 27, 40). Eine subjektive Vorstellung des Tatbeteiligten, etwa Gedanken der Reue oder der Wille zur Besserung, d. h. zur Rückkehr zur Steuerehrlichkeit, ist kein Tatbestandsmerkmal des § 371 AO und demgemäß nicht erforderlich. Die Motivation des Tatbeteiligten zur "Selbstanzeige" ist unerheblich, selbst wenn diese – wie häufig – nur aus Angst vor einer möglichen Aufdeckung der Tat erfolgt, z. B. durch eine angekündigte Außenprüfung. Die Wirksamkeit der "Selbstanzeige" erfordert keine "Freiwilligkeit" des Anzeigenden[4].
Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen