2.2.2.4.1 Finanzbehörde
Rz. 34
Nach § 371 Abs. 1 AO muss die die Anwartschaft auf Straffreiheit begründende Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung "bei der Finanzbehörde" erfolgen. Aus dem Rechtscharakter der "Selbstanzeige" als Erklärung im Besteuerungsverfahren (Rz. 5) folgt zunächst, dass die Abgabe der "Selbstanzeige" nicht mit sofort strafausschließender Wirkung gegenüber einer für die Strafverfolgung zuständigen Finanzbehörde i. S. v. § 386 Abs. 1 S. 2 AO oder gegenüber Angehörigen der Steuer- bzw. Zollfahndung (§ 404 AO) erfolgen kann. Es muss sich um eine Finanzbehörde i. S. v. § 6 AO handeln, die für die Durchführung des betreffenden Verwaltungsverfahrens in Abgabenangelegenheiten funktionell zuständig ist. Die sonstigen Finanzbehörden i. S. v. § 6 Abs. 2 AO sind deshalb nicht die richtigen Adressaten der "Selbstanzeige".
Es handelt sich auch um eine Erklärung in einem bestimmten durch den "selbstanzeigenden" Beteiligten i. S. v. § 78 AO festgelegten Besteuerungsverfahren (Rz. 5), sodass die in § 371 AO angesprochene Finanzbehörde auch sachlich und örtlich für die Besteuerung zuständig sein muss. Erstreckt sich die "Selbstanzeige" auf mehrere Steuerarten, für die verschiedene Finanzbehörden zuständig sind, so ist die "Selbstanzeige" auch bei allen Finanzbehörden zu erstatten. Der Wechsel der örtlichen Zuständigkeit ist für die Abgabe der "Selbstanzeige" zu berücksichtigen.
Rz. 35
Eine fehlerhafte Adressierung der "Selbstanzeige" oder deren Übergabe an einen beliebigen Amtsträger ist aber für deren Wirksamkeit dann unschädlich, wenn sie vom Empfänger an den richtigen Adressaten weitergeleitet wird und bei diesem rechtzeitig eintrifft. Allerdings trägt der Anzeigende in vollem Umfang das Risiko der zeitlichen Verzögerung oder des Verlusts. Die Straffreiheit ist ausgeschlossen, wenn die Erklärung nicht beim Adressaten eintrifft oder vor dem Eingang beim richtigen Adressaten einer der Ausschlussgründe nach § 371 Abs. 2 AO eintritt. Der "Selbstanzeigende" hat sich zu informieren, an welche Behörde er die "Selbstanzeige" zu richten hat.
2.2.2.4.2 Abgabe der Erklärung
Rz. 36
Die Erklärung muss bei der Finanzbehörde vor Eintritt eines Ausschlussgrundes (Rz. 62 ff.) eingegangen sein. Nur der Zugang bei der zuständigen (Rz. 34) Finanzbehörde lässt die Rechtswirkung eintreten. Für die "Selbstanzeigeerklärung" gelten die allgemeinen Grundsätze für empfangsbedürftige Willenserklärungen. Sie muss also derart in den Amtsbereich gelangt sein, dass sie im normalen Geschäftsgang zur Kenntnis genommen werden kann. Bei schriftlichen Erklärungen ist der normale Posteingang, d. h. der Einwurf in den Postbriefkasten, ausreichend. Nicht erforderlich ist, dass die Erklärung bei dem für die Steuerfestsetzung zuständigen Amtsträger eingetroffen sein muss und dieser die "Selbstanzeige" zur Kenntnis genommen hat.
Wegen der besonderen Bedeutung des Zugangszeitpunkts für die Ausschlussgründe (Rz. 62) ist eine Bestätigung des Eingangs durch die Finanzbehörde zweckmäßig.