Rz. 84

Der persönliche Umfang der Ausschlusswirkung ergibt sich aus dem Erscheinen des Amtsprüfers beim Beteiligten (Rz. 77ff.).

 

Rz. 85

Der zeitliche Umfang der Ausschlusswirkung folgt aus dem Inhalt der Ermittlungen (Rz. 86ff.).

 

Rz. 86

Für den sachlichen Umfang der Ausschlusswirkung ist zu unterscheiden:

  • Soweit für die Durchführung der Ermittlungshandlungen eine formalisierte Prüfungsanordnung i. S. v. § 196 AO erforderlich ist, also in den Fällen der Außenprüfung nach §§ 193ff. AO (Rz. 66, 76–76b), bestimmt der Inhalt der Prüfungsanordnung den sachlichen Umfang der Ausschlusswirkung[1]. Diese besteht also nur für:

    • den Stpfl., gegen den sich die Prüfungsanordnung richtet, bzw. dessen handlungspflichtigen Vertreter[2];
    • die Steuerarten, die nach der Prüfungsanordnung geprüft werden sollen. Wird hier z. B. bei der ESt die Prüfung auf bestimmte Einkunftsarten beschränkt, so beschränkt dies auch den Umfang der Ausschlusswirkung. Regelt die Prüfungsanordnung die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, so soll die Ausschlusswirkung hinsichtlich des gesamten ESt-Anspruchs eintreten (§ 370 AO Rz. 2) und nicht nur hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb[3];
    • die Besteuerungszeiträume, die durch die Prüfungsanordnung bestimmt sind. Für alle nicht durch die Prüfungsanordnung erfassten Steuerarten und Zeiträume ist die "Selbstanzeige" uneingeschränkt – wenn kein anderer Ausschlussgrund vorliegt – möglich und begründet insoweit die Anwartschaft auf Straffreiheit.
 

Rz. 87

  • Auch soweit keine ausdrückliche Prüfungsanordnung nach § 196 AO den sachlichen Umfang der Ausschlusswirkung begrenzt, bestimmt sich dieser nach dem Inhalt des Ermittlungsauftrags [4], da nur insoweit die den Ausschlussgrund rechtfertigende Entdeckungsgefahr (Rz. 63) besteht[5]. Dieser ist lediglich schwieriger zu bestimmen, weil er nicht so eindeutig fixiert ist.
 

Rz. 88

Der Inhalt des Ermittlungsauftrags (Rz. 87) wird einmal formal durch die sachliche Zuständigkeit der Finanzbehörde[6] bestimmt, der der erschienene Amtsträger angehört bzw. in deren Auftrag er handelt[7]. Hier wirkt sich die Spezialisierung der Finanzbehörden für bestimmte Steuerbereiche aus.

 

Rz. 89

Grundlage des Ermittlungsauftrags der Finanzbehörde ist die Auskunfts-, Vorlage- und Duldungspflicht des Stpfl.[8]. Die Inanspruchnahme der Mitwirkungspflicht setzt aber stets ein "Ersuchen" der Finanzbehörde voraus, das generell zwar nur für das Auskunftsersuchen in § 93 Abs. 2 AO geregelt ist, aber inhaltlich auch für die sonstigen Pflichten gilt[9]. Nach § 93 Abs. 2 AO ist in dem Auskunftsersuchen, das auf Verlangen schriftlich zu erteilen ist[10], anzugeben, wer Beteiligter des Besteuerungsverfahrens ist, sodass hierdurch stets der persönliche Umfang der Ausschlusswirkung (Rz. 84, 77ff.) bestimmt wird. Ferner ist in dem Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 2 AO anzugeben, worüber Auskunft zu erteilen ist. Dies ist ein konkreter Lebenssachverhalt, woraus die sachlich zuständige Finanzbehörde (Rz. 88) steuerliche Konsequenzen ziehen will. Ausgeschlossen ist die "Selbstanzeige" damit insoweit, wie die Finanzbehörde die mit dem zu ermittelnden Lebenssachverhalt in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang stehenden steuerrechtlichen Auswirkungen regeln kann.

 

Rz. 89a

Die Ausschlusswirkung tritt auch bei Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung ein, wenn der die Ermittlungshandlung (Rz. 83) anordnende Verwaltungsakt, die Prüfungsanordnung (Rz. 86) oder das Mitwirkungsersuchen (Rz. 89) fehlerhaft war und im Einspruchsverfahren[11] bzw. im finanzgerichtlichen Verfahren aufgehoben wird[12]. Sie tritt dagegen nicht bei Nichtigkeit[13] der Prüfungsanordnung (Rz. 86) oder des Mitwirkungsersuchens (Rz. 89) ein[14].

[1] BayObLG v. 23.1.1985, RReg 4 309/84, DStR 1985, 668; BGH v. 15.1.1988, 3 StR 465/87, wistra 1988, 151, m. Anm. Franzen, wistra 1988, 194 und m. Anm. Samson, wistra 1988, 130; FG Bremen v. 6.10.2004, 2 K 152/04, EFG 2005, 15; Blesinger, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 19. Aufl. 2008, § 371 AO, § 371 Rz. 16; Jäger, in Klein, AO, 10. Aufl. 2009, § 371 AO Rz. 42; Kemper, in Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen, § 371 AO Rz. 44a; Rüping, in HHSp, AO/FGO, § 371 AO Rz. 149.
[2] Rz. 79, 80, 81; vgl. OLG Düsseldorf v. 27.5.1981, 2 Ss 214/81 – 142/81 III, wistra 1982, 119.
[3] LG Hamburg v. 22.8.1988, (50) 36/88 Ns, wistra 1989, 239; m. E. unzutreffend, wenn die Prüfungsanordnung sich nicht auf die persönlichen Verhältnisse der Feststellungsbeteiligten erstreckt.
[4] OLG Celle v. 27.3.2000, Ws 35/00, NStZ-RR 2001, 341; LG Stade v. 27.9.1999, 12 KLs 141 Js 24059/98, wistra 2000, 200.
[5] Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 150.1.
[6] § 16 AO i. V. m. dem FVG.
[7] Hoyer, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 371 AO Rz. 35; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 150.2.
[8] §§ 93, 97, 99, 100 AO.
[9] §§ 97, 99 und 100 AO.
[10] Ausnahme s. § 208 Abs. 1 S. 3 AO bei Ermittlungen der Steuerfahndung.
[11] §§ 347–368 AO.
[12] BayObLG v. 17.9.1986, RReg 4 St 155/86, wistra 1987, 77; BGH v. 16.6.2005, 5 StR 118/0...

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